Völkischer Beobachter (June 9, 1944)
Erfolge unserer Kriegsmarine und Luftwaffe –
Feindliche Invasionsflotte erlitt erhebliche Verluste
Fünf Schiffe von 31.000 BRT allein durch die Luftwaffe versenkt – Mehrere Transporter, Frachter und Kriegsschiffe schwer beschädigt
vb. Berlin, 8. Juni –
Seit der ersten Nacht der englisch-amerikanischen Aggression in Nordfrankreich haben die deutschen Seestreitkräfte bereits weit draußen auf dem Kanal den Kampf gegen die feindliche Invasionsflotte begonnen. Tag für Tag gibt der Wehrmachtbericht einen Einblick in die Heftigkeit dieses Kampfes der leichten deutschen Seestreitkräfte. In der Nacht zum 8. Juni waren die Kämpfe besonders lebhaft und führten unter anderem zur Versenkung von neun vollbeladenen feindlichen Landungsschiffen allein durch unsere Schnellboote im Westteil der Seinebucht, und zwar ohne eigene Einbuße.
Aber auch unsere Luftwaffe blieb nicht untätig und erzielte, nachdem sie schon in der Nacht zum Mittwoch mit guter Wirkung Ausladungen und Schiffsansammlungen angegriffen hatte, in der Nacht zum 8. Juni besondere Erfolge.
Das Hauptquartier des Generals Eisenhower vermeidet, es bezeichnenderweise, das Thema der Schiffsverluste zu behandeln. Aber es ist bemerkenswert, daß das Marineministerium in Washington schon mit einem winzigen Teilgeständnis begonnen hat, indem es den Untergang von zwei US-Zerstörern und einem Landungsschiff für Panzer in der ersten Nacht zugab. Seit den Erfahrungen mit den US-Berichten über Pearl Harbour weiß man, daß gerade solche Teilgeständnisse an Stelle der völligen Ableugnung ein Zeichen besonders empfindlicher Schiffsverluste sind. Tatsächlich müssen die feindlichen Augenzeugenberichte trotz ihrer vorsichtigen Fassung immer wieder zugeben, daß die englisch-amerikanische Landungsflotte und die sie begleitenden Seestreitkräfte bereits in der ersten Nacht auf See und vor der Küste empfindliche Verluste erlitten haben. Die als sehr ausgedehnt geschilderten deutschen Minensperren haben vielen feindlichen Schiffen ein vorzeitiges Ende bereitet. Die Torpedoboote und Schnellboote, die Granaten der Küstenbatterien und die Bomben der Flugzeuge haben zahlreiche weitere Treffer erzielt.
Für die deutschen leichten Seestreitkräfte war der Kampf im Kanal seit 1940 immer hart. Er hat die Kanalfahrer erprobt. Sie haben nun in den schweren Invasionskämpfen im Raum der Seinebucht zwischen dem Kap d’Antifer und dem Kap Barfleur ihre Aufgaben gegen einen materiell mit größten Mitteln antretenden Gegner hervorragend erfüllt. Wie sie sonst mit feindlichen Zerstörern und Schnellbooten kämpften, so warfen sie sich nun auch den schweren Seestreitkräften entgegen. Torpedoboote stießen mit unerhörtem Schneid, gleich als die feindliche Aktion begann, mitten in ein feindliches Schlachtschiffgeschwader hinein. Die Schnellboote haben Nacht für Nacht den feindlichen Nachschub gestört und damit erneut gezeigt, was sie zu leisten vermögen.
Mit vorbildlicher Standhaftigkeit haben sich auch die Sicherungsstreitkräfte, die Vorpostenboote, Minensucher usw. eingesetzt. Diese kleinen Sicherungsfahrzeuge waren ständig weit draußen in See die vorgeschobenen Beobachter der Küstenfront, der sie schon bei Dieppe durch die erste Meldung so wertvolle Dienste geleistet hatten. Wie bei Dieppe, so führte auch in der Invasionsnacht ein deutsches Vorpostenboot den Kampf bis zum Letzten, während die Kameraden auf den anderen Booten ebenfalls ihre Munition bis zum letzten Schuß verfeuerten, ehe sie wieder einliefen. Der Ablauf der feindlichen Maßnahmen ist dadurch zweifellos empfindlich gestört worden.
Wie übrigens aus einer amtlichen deutschen Meldung hervorgeht, haben neben unserer Kriegsmarine auch Verbände deutscher Kampfflugzeuge sehr erfolgreich in die Kämpfe an der normannischen Küste eingegriffen und dem feindlichen Nachschubverkehr starke Verluste beigebracht.
So heißt es in einer Meldung des deutschen Nachrichtenbüros:
Unsere Kampffliger erschienen von der Abenddämmerung an immer wieder über den Landeplätzen und Schiffsansammlungen des Gegners und warfen große Mengen Sprengbomben auf die erkannten Ziele ab. Dabei wurden nach bisherigen Feststellungen fünf Transport- und Frachtschiffe mit insgesamt 31.000 BRT versenkt. Diese Schiffe hatten noch ihre gesamte Ladung an Bord, so daß bei den Anglo-Amerikanern beträchtliche Ausfälle an Menschen und Material entstanden. Außerdem erhielten drei Kreuzer durch Bombentreffer erhebliche Beschädigungen. Ebenso ein Transportschiff von 8.000 BRT, zwei große Frachter mit zusammen 26.000 BRT sowie ein großes Landungsspezialschiff. Ein Teil dieser Schiffseinheiten dürfte vernichtet worden sein.
In Tiefangriffen unterstützten schnelle Kampfflugzeuge und Schlachtflieger diese nächtlichen Einsätze deutscher schwerer Kampfverbände, wobei sie dem Feind ebenfalls empfindliche Verluste beibrachten. Sie beschädigten dicht vor der Küste ein größeres Schiff erheblich.
In sehr hohem Maße verwendet der Gegner im Kanal den Schutz von künstlichem Nebel oder dicken Rauchvorhängen. Der Feind nimmt die Nachteile schlechter Sichtverhältnisse für seine Navigation in Kauf, weil er die deutsche Gegenwehr zur See und in der Luft sehr ernst nehmen muß. Das gilt auch für den Nachschub zu seinen Landeplätzen. Welche Tonnage die Invasionskämpfe gerade bei der Entwicklung zu größeren Kampfhandlungen an den Landeplätzen erfordern, geht daraus hervor, daß die englische Presse berichtet, für eine einzige Division seien schon mehrere hundert Fahrzeuge verschiedener Größe erforderlich. Umso fühlbarer ist jede Einbuße an Schiffsraum für den Feind, sowohl bei der jetzigen Aktion wie bei weiteren Plänen.
Übrigens ist wieder einmal zu beobachten, daß die Nordamerikaner auch in diesem Falle in erster Linie die englische Tonnage an Kriegs- und Handelsschiffen ins Feuer schicken. Die Teile der englischen Kriegsflotte, die unter dem Befehl des US-Generals Eisenhower kämpfen, müssen auch entsprechend höherer Verluste in Kauf nehmen. Damit wird die englische Kriegsflotte als automatische Folge der jetzigen Schlacht gegenüber der US-Flotte immer mehr an die zweite Stelle gerückt. Nach englischen Eingeständnissen sind die im Kanal eingesetzten Kriegsschiffe zu 75 Prozent englische Schiffe. In den Rest von 25 Prozent teilt die US-Flotte sich noch mit früheren französischen Kriegsschiffen und anderen Einheiten der Emigrantenverbände. Auch in der Zahl der Transport- und Landungsfahrzeuge überwiegt bisher bei weitem der englische Anteil, wie in London zugegeben wird.
An schweren Seestreitkräften und Kreuzern haben die Engländer, wie die bisherigen Beobachtungen zeigen, meist neuere Schiffe eingesetzt als die Amerikaner. So werden die englischen Schlachtschiffe Nelson, Rodney, Ramillies und Warspite sowie die Kreuzer Mauritius, Scylla, Orion, Glasgow und Enterprise genannt, dazu Zerstörer der modernsten Klassen. Ferner haben die Engländer wie im ersten Weltkriege an der Flandernküste auch wieder Monitoren bereitgestellt, also flachgehende Küstenpanzerschifte mit schwerster Artillerie. Unter den US-Kriegsschiffen befinden sich nach feindlichen Meldungen die beiden ältesten nordamerikanischen Schlachtschiffe Arkansas und Texas sowie das nach Pearl Harbour wiederhergestellte Schlachtschiff Nevada. Am 7. Juni wurde im Norden der Halbinsel Cotentin ein US-Schlachtschiff des Carolina-Typs gesichtet, das sich unter dem Feuer deutscher Marineartillerie wieder zurückzog. In ausländischen Meldungen werden ferner der US-Kreuzer Augusta erwähnt sowie die früher französischen Kreuzer Montcalm und Georges Leygues, die in Dakar in amerikanische Hände gefallen sind.
Welche artilleristische Macht die feindlichen Kriegsschiffe bei der Feuervorbereitung der Landung darstellten, wird durch eine Londoner Meldung verdeutlicht, daß 640 Schiffsgeschütze vom Kaliber 10,2 Zentimeter bis 40,6 Zentimeter eingesetzt worden seien, um Feuerglocken über den Landungsstellen zu bilden. Angesichts der deutschen Batterien seien dabei die Schlachtschiffe und Kreuzer möglichst weit draußen geblieben, während die Monitore und Zerstörer im deutschen Feuer näher herangegangen seien. Die feindliche Hoffnung, dadurch die befestigten deutschen Stützpunkte ausschalten zu können, hat sich auch dort nicht erfüllt, wo der Feind unter bitteren Verlusten Kräfte an Land setzen konnte oder Luftlandetruppen in den Rücken der Batterien absetzte.
In früheren Kriegen waren Küstenbatterien meist nur zur Verteidigung nach See hin eingerichtet. Am Atlantikwall galt auch für sie der Leitsatz der Rundumverteidigung. So haben sich die deutschen Stützpunkte, wie die Meldungen zeigen, inmitten feindlicher Fallschirmjäger und Landungsverbände kämpfend bewährt. Das Beispiel der Marinebatterie Marcouf, die im Kampf auf See einen Kreuzer versenkte und nach Land hin zeitweiliger Abschnürung trotzte, ist im Wehrmachtbericht hervorgehoben worden. Jahrelang haben die Marineartilleristen im Westen auf den Feind gewartet, während ihre Kameraden an Bord hart zu kämpfen hatten. Aber es war sicher, daß die Marineartilleristen im Invasionsfalle den Seeleuten an Kampfeifer nicht nachstehen würden. Sie haben dem Feind ernste Verluste zugefügt. Die Flanderntradition des ersten Weltkrieges ist in ihnen lebendig.
ERICH GLODSCHEY