Die drei Stufen des Widerstandes –
Sizilien – die Schlacht ohne Infanterie
pk. Sizilien, 8. August –
Es ist den amerikanisch-britischen Landungstruppen gelungen, in Sizilien Fuß zu fassen und, wenn auch unter schweren Verlusten, einen erheblichen Teil der Insel zu besetzen. Der Widerstand unserer Truppen vollzog sich in drei Stufen: Im Raum von Catania hat der britische Gegner kaum nennenswerten Geländegewinn zu verzeichnen, obwohl er dort außer seinen Land- und Luftstreitkräften auch seine Schiffsartillerie einsetzen konnte. Besonders kampferprobte Soldaten versperren hier nach wie vor dem Gegner den Vormarsch auf der Küstenstraße nach Messina.
In der Mitte des Kampfraumes, vor allem gegen die aus dem Raum um Cela vordringenden Gegner, in der ersten Zeit Amerikaner, neuerdings aber auch Briten, haben sich die deutschen Truppen mehrfach unter hinhaltendem Widerstand planmäßig abgesetzt, bis sie jetzt eine Linie erreicht haben, die nunmehr eine Woche hindurch gehalten wurde. Die Nordwestecke der Insel, der Raum von Trapani-Palermo, wurde fast ohne Kampfhandlung geräumt. Hier wie anderswo gelang es vor allem den Bodeneinheiten der Luftwaffe, Menschen und Material restlos, rechtzeitig und ungefährdet auf das Festland zu schaffen. Der Nordostraum und der Mittelraum bilden nunmehr eine geschlossene Einheit in der Verteidigung. Es ist auf diese Weise eine für die Verteidigung der Insel günstige Verkürzung der Front erreicht worden.
Von den Panzern getrennt
Im Nordostraum macht sich die Übermacht des ja an keiner anderen Front gebundenen Gegners besonders stark bemerkbar. Trotz aller Schwierigkeiten sind ihr aber die Deutschen gewachsen. Besonders hoch sind die Leistungen einer in diesem Abschnitt eingesetzten deutschen Division zu werten, um so mehr, als diese erst vor kurzem hierhin verlegt wurde und aus allen möglichen Truppenteilen zusammengestellt war. Sie hat sich sofort auf die neue Lage umgestellt und dem Gegner das Nachrücken mit allen Mitteln erschwert und ihn einstweilen zum Stehen gebracht. Dieser tastet sich nur ganz vorsichtig vor und geht keinerlei Wagnis ein. Er hämmert mit seiner Artillerie los, worauf die deutschen Truppen zurückgehen und die gegnerische Infanterie nachrückt. Kommt diese in den Bereich der deutschen Artillerie, so geht sie ihrerseits wieder zurück. „Sie schaffen es einfach nicht,“ drückte sich ein Regimentskommandeur aus. Besonders die deutschen Werferbatterien haben, wie immer wieder aus Gefangenenaussagen hervorgeht, eine große moralische Wirkung auf den Gegner. Jedenfalls erreicht die deutsche Artillerie regelmäßig, daß die gegnerische Infanterie von den Panzern, mit denen sie vorgeht, getrennt wird. Auf diese Weise ist es bisher so gut wie noch nie zu der eigentlich entscheidenden Auseinandersetzung einer jeden Schlacht, dem Kampf von Infanterie gegen Infanterie, gekommen. So ergibt sich die einzige Kampfberührung von Mann zu Mann fast nur bei den zahlreichen Spähtruppunternehmen beider Seiten. Bei solchen Gelegenheiten beweist der deutsche Soldat seine größere Erfahrung und seinen stärkeren Kampfgeist.
Olympiasieger als Panzerbrecher
So hat sich ein Bataillonsstab, dessen eigentliche Aufgabe wirklich nicht der Nahkampf ist, einem überlegenen britischen Spähtrupp zum Kampf gestellt und diesen völlig vernichtet. In einem anderen Fall hatte sich eine gleichfalls nur vorübergehend zu eigentlichen Kampfhandlungen eingesetzte, Gruppe einer deutschen Stabskompanie, von den vorangegangenen Anstrengungen übermüdet, zu einem kurzen Schlaf hingelegt, als plötzlich der Feind mitten unter ihnen war und sie aufforderte, sich zu ergeben. Der Führer der deutschen Gruppe, ein Unteroffizier, rief seinen Männern zu: „Stiften!“ und wurde durch einen Schuß hingestreckt. Die Männer selbst aber waren sofort auf den Beinen, sprangen über einen Zaun, ein paar von ihnen sogar ohne Schuhe, und bald waren sie vor den wild hinter ihnen herfeuernden Gegnern in Sicherheit. 90 von 100 Amerikanern hätten in der gleichen Lage keinen anderen Ausweg gewußt, als sich willenlos gefangennehmen zu lassen.
Überall begegnet man bei den deutschen Soldaten der gleichen steten Bereitschaft und Handlungsfreudigkeit. Man denke an den Fall des Feldwebels Hornfischer, der zwei feindlichen Panzern mit einer Pak gegenüberstand, die Ladehemmung hatte. Er bewies die ganze Kaltblütigkeit, die ihm als mehrfachen deutschen und Europameister und Olympiasieger im Ringen eigen ist: Er wechselte den abgebrochenen Schlagbolzen des Geschützes aus, während der erste Panzer an ihm in kürzester Entfernung vorbeifuhr, nahm den zweiten Panzer aufs Korn und schoß ihn in Brand, beseitigte eine neue Ladehemmung, richtete die Pak auf den inzwischen zurückfahrenden Panzer, der aus allen Rohren feuerte, ließ seinen Geschützführer den zweiten vernichtenden Schuß auslösen und sorgte schließlich mit der Maschinenpistole dafür, daß kein Mann der Panzerbesatzung in die eigenen Linien zurückkehren und die Geschützstellung verraten konnte.
Die Unterschätzung der Deutschen
Dies sind nur einige willkürlich herausgegriffene Einzelfälle. Nicht weniger hoch zu veranschlagen sind aber die Leistungen der vielen tausend Soldaten, die täglich ihre schwere Pflicht erfüllen. Den ganzen Tag über liegen sie auf kahlen Berghängen im Artilleriefeuer. Nur mühselig können sie sich in dem steinigen Boden Deckungslöcher schaffen. Uber ihnen brennt eine sengende Sonne. Mehrmals müssen sie, meist nachts, mit Waffen und Gerät über steile Berghänge hinweg in ihre Stellungen klettern, und wenn sie todmüde zu ihren Einheiten zurückkommen, erwartet sie möglicherweise der Befehl zum Stellungswechsel über viele Kilometer hinweg. Vielfach sind die Märsche mit Tragtieren zurückzulegen. Dann haben die deutschen Soldaten sich noch um die Pflege ihrer Tiere zu bekümmern und tun dies mit einer geradezu rührenden Sorgfalt. Sie denken, und wenn sie noch so müde sind, stets erst an die Tränkung und Fütterung der Maultiere und dann erst an das eigene leibliche Wohl.
Überall, wo der deutsche Soldat steht, harrt er auf seinem Posten aus. Seit Tagen leistet eine deutsche Kompanie einem ganzen feindlichen Regiment erfolgreichen Widerstand, obwohl sie auf zwei Seiten von Panzern umfaßt wird. Die Gegner haben doch den deutschen Soldaten und seine Führung stark unterschätzt, wenn sie mit einer Besetzung der ganzen Insel innerhalb von acht Tagen rechneten. Vier Wochen sind inzwischen vergangen und die Achsengegner sind immer noch weit von ihrem Ziele entfernt.