London erwartet ‚Erläuterung der Erklärung‘ –
Teheran – ein Komplott von Schwerverbrechern
Von unserem Berner Berichterstatter
b—r. Bern, 7. Dezember –
In London kann man nicht recht Erstaunen und Enttäuschung darüber verbergen, daß die Mitteilung über die Konferenz von Teheran trotz der großen Ankündigung so kurz und nichtssagend ausgefallen ist. Man erklärt verlegen, daß „eine nähere Erläuterung des tieferen Sinns der Erklärung“ abgewartet werden müsse. Es scheine sich zu bestätigen, daß Stalin auch diesmal wieder dem Versuch, seine Ansprüche festzulegen, ausgewichen ist.
Stalin bewohnte ein Gebäude im Garten der sowjetischen Gesandtschaft in Teheran, während das eigentliche Gesandtschaftsgebäude Roosevelt zur Verfügung gestellt war. Dieser hatte sich in die amerikanische Gesandtschaft begeben, war aber kurz da nach in die der Sowjetunion übersiedelt. Hier wurde er durch seine „Bundesgenossen“ gründlich überwacht. Er wohnte zusammen mit seinen nächsten Mitarbeitern und dreißig amerikanischen Verwaltungsbeamten als Büropersonal. Außerdem durfte er einen amerikanischen Koch mitnehmen, im übrigen aber wurde die eigentliche Bedachung und das gesamte Personal durch die GPU gestellt, die, überdies das ganze Haus mit Posten und Patrouillen spickte.
‚Weltbeglücker‘ durch Panzerwagen geschützt
Die Sicherheitsmaßnahmen für die Teilnehmer an der Konferenz gingen eher noch weiter als vorher in Kairo. Teheran war von der Umwelt abgeschnitten, sein Rundfunksender schwieg, es wurden keine Telegramme zur Beförderung angenommen, die Grenzen Irans waren während der Konferenztage gesperrt. Starke Truppenabteilungen mit Panzerwagen und Maschinengewehren umstanden die Gesandtschaften, deren Mauern nachts durch Scheinwerfer beleuchtet wurden. Zu diesem Wachtdienst waren neben sowjetischen auch indische Truppen herangezogen worden. Zwischen der sowjetischen und der britischen Gesandtschaft hatte man einen besonderen Gang zwischen eigens errichteten Mauern angelegt, um eine völlig gesicherte Verbindung zwischen den Wohnsitzen Stalins und Roosevelts einerseits und Churchills anderseits herzustellen. Auch diese Mauer und die umgebenden Stadtteile waren natürlich von schwer bewaffneten Truppen bewacht. Die drei „Weltbeglücker“ hatten offenbar das überzeugende Gefühl, sich vor der Dankbarkeit und Liebe ihrer Mitmenschen beschützen zu müssen.
Auch ein Ergebnis der Konferenz –
Stalin setzt Exkönig Peter ab
Unmittelbar nach Abschluß der Konferenz in Teheran ist im Auftrag Moskaus die von England anerkannte Emigranten-,Regierung“ des Königs Peter für abgesetzt erklärt worden. Unter dem Vorsitz des Kommunisten Dr. Iwan Ribar wurde an unbekanntem Ort in Anwesenheit einer Reihe von bolschewistischen Parteifunktionären eine sogenannte „provisorische Regierung“ gebildet, der bolschewistische Bandenführer Tito wurde zum „Marschall“ des sogenannten Roten Jugoslawien ernannt.
Die Emigranten-„Regierung“ König Peters in Kairo ihrerseits bezeichnete in ihrer Stellungnahme dieses Vorgehen als Akt einer „Bewegung terroristischer Gewalt,“ die das Volk „in ihrem sozialen und nationalen Geist“ keineswegs repräsentiere und die das Ergebnis der auswärtigen feindlichen Agitation einer auswärtigen Macht – sprich Sowjetunion – sei, zu deren Erfolg obendrein die eigenen Verbündeten beigetragen hätten.
Damit ist nunmehr auch zwischen den bisher von England garantierten und gestützten serbischen Emigranten und den von Stalin eingesetzten roten Bandenführern, wie seinerzeit zwischen den Moskau und London angehörigen Polen der offene Konflikt zum Ausbruch gekommen.
Sträfling als „Ministerpräsident“
dnb. Agram, 7. Dezember –
Die bolschewistischen Tito-Banden haben eine eigene Regierung gegründet, gegen welche die „Jugoslawische Exilregierung“ in Kairo bereits Protest eingelegt hat. „Staatschef“ ist der bisherige politische Kommissar Titos, Ivan Ribar, „Ministerpräsident und Kriegsminister“ Tito selbst, der sich erstmalig als der ehemalige kroatische Sträfling Josip Bros bekennt.
Die kroatische Presse weist in ihrem Kommentar darauf hin, daß die Mitglieder dieser „Regierung“ durchweg als Kommunisten begannt sind, bar jeden völkischen Empfindens und daß sie in Wahrheit für die Weltrevolution kämpfen.