Völkischer Beobachter (June 15, 1944)
Heranreifende Entscheidung
Montgomery unter strategischem Zwang
vb. Wien, 14. Juni –
Wenn auch die letzten Tage kaum noch eine wesentliche Veränderung der Frontlage an der normannischen Küste gezeigt haben, so lassen sich doch aus den Ereignissen gewisse Entwicklungslinien ablesen. Der Gegner hat weiter versucht, den Brückenkopf nach der Tiefe zu erweitern. Das ist ihm nicht gelungen.
Eine bis südlich Caumont (östlich von Saint-Lô) vorstoßende feindliche Aufklärungsgruppe hat offenbar die Stärke der eigenen Waffen und die Möglichkeiten des Vordringens weit überschätzt. Von ihr kämpft zu dieser Stunde kein Mann mehr. Andere feindliche Verbände haben bei Carentan nach Westen und bei Montebourg nach Norden angegriffen. Auch diese Vorstöße sind im Wesentlichen ergebnislos gewesen. Oft wechseln bei diesen Kämpfen die Dörfer in wenigen Stunden ihre Besitzer mehrere Male, aber im Großen gesehen, war am Mittwochmorgen der Frontverlauf immer noch derselbe wie Ende vergangener Woche. Doch muß dabei bedacht werden, daß bei diesen Angriffen noch keineswegs die Hauptkräfte der bisher gelandeten Truppen eingesetzt sind. Es handelte sich bisher noch stets um eine Art von verstärkten Vorhutgefechten. Beide kämpfenden Parteien brauchen Zeit zum Aufmarsch. Erst wenn diese Zeit verstrichen ist, beginnt die Hauptschlacht.
Es fragt sich, wer zunächst mit seinen Hauptverbänden angreifen wird. Ohne Kenntnis der Entschlüsse der beiderseitigen Oberbefehlshaber, nur von der Lage aus gesehen, wie sie sich auf der Karte darbietet, läßt sich sagen, daß der Zwang zum Angriff vor allem für den General Montgomery besteht. Die Deutschen haben das weite Hinterland und ausgezeichnete, nur zum Teil beschädigte Nachschubstraßen hinter sich. Der General Montgomery hat diese Vorteile nicht. Er ist mit seinen Truppen in einen zwar sehr breiten, aber in der Tiefe nach seinem eigenen Eingeständnis nur von etwa 10 bis 18 Kilometer reichenden Raum hineingepresst. Seine rückwärtigen Verbindungen gehen über die oft stürmische und oft von den Deutschen unsicher gemachte See, oder, was für ihn noch schlimmer ist, über die Luft. Sein Aufmarschgelände ist beschränkt. Seine Ausweichmöglichkeiten nach der Tiefe sind gering. Er hat beträchtliche Truppenmengen, darunter auch schwere, Artillerie und schwere und überschwere Panzer mit Hilfe seiner Landungsfahrzeuge versammeln können, aber ihm fehlt sozusagen die operative Luft zum Atmen. Er muß angreifen, und zwar in nicht allzu langer Frist. Über die Wege dieses kommenden Angriffs geben seine Vorstöße in den letzten Tagen Aufschluss. Man darf vermuten, daß sie ebenso wohl nach Süden wie – in der Gegend von Carentan – nach Westen zum Abschnüren der Halbinsel wie nach Norden zur Belagerung von Cherbourg gehen werden. Er wird möglicherweise alle drei Angriffsrichtungen wählen.
Der General Montgomery weiß, daß er damit den schwierigsten Teil seines Unternehmens erst beginnt. Wenn er weiter nach Süden stößt, entfernt er sich aus der schützenden Feuerglocke der schweren Schiffsartillerie, die ihm bisher so gute Dienste geleistet hat. Aber es gibt dann noch eine andere Gefahr, die er selber gestern angedeutet hat. Er hat eine Ansprache gehalten und sich darin sehr befriedigt über die bisherigen Ergebnisse gezeigt. Aber es ist ihm dabei ein Geständnis entschlüpft. Er hat gesagt, daß man in der ersten Invasionswoche als Gegner nur Küstentruppen gehabt habe (mit einer einzigen Ausnahme an einer bestimmten Stelle). Nun weiß alle Welt und vor allem jeder von Montgomerys eigenen Soldaten, daß die Küstendivisionen an zahlenmäßiger Stärke und an materieller Ausrüstung nun einmal das volle Maß der Kraft nicht erreichen, die. den beweglichen Eingreifdivisionen gegeben ist. Trotzdem aber haben sich diese Küstendivisionen bereits so hervorragend geschlagen, daß die Amerikaner und die Engländer die schwersten Verluste erlitten haben.
Der General Montgomery hat sich nach dem Eindruck dieser einen Woche sehr wohl gehütet, in seiner Ansprache das Versprechen zu wiederholen, das er vor acht Wochen höchst leichtfertig gegeben hat: Die Invasion werde „sehr leicht“ sein. Er weiß, daß die Küstendivisionen zusammen mit den Werken des Atlantikwalls die Aufgabe hatten, den feindlichen Vormarsch so lange aufzuhalten, bis die Eingreifdivisionen heran waren. Der Widerstand der Küstentruppen hat in der Tat genügt, dieses Ziel zu erreichen. Der General Montgomery und die Soldaten seiner Heerestruppe wissen, daß sie bei einem weiteren Versuch des Angriffs erst auf die deutsche Hauptmacht stoßen werden. Wenn sie schon bisher so furchtbar gelitten haben, was werden sie erst erfahren müssen, wenn die erste der großen Hauptschlachten beginnt?
Gedanken solcher und ähnlicher Art müssen die amerikanischen und die englischen Soldaten erfüllen, wenn sie von der Ansprache des Generals Montgomery hören. Aber es bleibt ihrem Oberbefehlshaber keine andere Wahl. Er steht unter dem Zwang des Handelns. Er mag hoffen, daß ihm eine Landung an einer anderen Stelle der französischen Küste einen Teil seiner Sorgen abnimmt. Aber von seiner eigenen Lage aus muß er versuchen, die Peinlichkeiten seiner Lage durch den Befehl zum Angriff zu beseitigen. Kommt es dann zum Zusammenstoß der großen Panzer- und Infanteriekorps, dann wird man sagen dürfen, daß das Stadium der Vorbereitungen zu Ende ist. Man hat nicht das Gefühl, daß es bis dahin noch sehr lange dauern könnte. Die Lage drängt nach einer Veränderung. Gleichsam vor unseren Augen sichtbar reifen die Entscheidungen heran.
Keine Spur von Invasionsbegeisterung
Stockholm, 14. Juni –
Wie wenig die wahren Verhältnisse in den USA mit den Darstellungen übereinstimmen, die die im Solde Roosevelts stehende Presse gibt, zeigt ein Bericht von Marinius Childs für die schwedische Presse. Childs weiß nichts von dem angeblichen Invasionsfieber zu berichten, das nach den Darstellungen der jüdischen Reklamechefs des Weißen Hauses in den Vereinigten Staaten herrsche, er hat nicht den Jubel und die Begeisterung gesehen, mit der angeblich das US-Volk den Beginn des Invasionsabenteuers begleite und weiß auch nichts über die gewaltige Spannung zu sagen, mit der man in Amerika die Invasionsberichte angeblich verfolge.
Childs weiß nur so viel, daß das US-Volk den Krieg gründlich satthabe. Der von der Regierung künstlich genährte Optimismus habe nur noch die Hoffnung verstärkt, daß das Kriegsende nahe bevorstehe. Die Folge davon ist nun aber nicht ein verstärkter Wille zur Anspannung aller Kräfte – im Gegenteil: Manche Arbeiter, so meldet Childs, hätten einfach ihren Arbeitsplatz verlassen und seien kurzerhand nach Hause gefahren, weil sie endlich wieder in ihrer gewohnten Umgebung arbeiten wollten. Vor allen Dingen seien sie darauf bedacht, sich für den Fall des Kriegsendes rechtzeitig einen Arbeitsplatz zu sichern, um nicht wieder der nach Kriegsschluss erwarteten Arbeitslosigkeit ausgesetzt zu sein.
Das Bild, das Childs hier von den USA entwirft, zeigt, wie wenig hinter der jüdischen Agitation steckt, die der Welt ein kriegsbegeistertes Volk vorstellen wolle. Der US-Bürger hat für den Roosevelt-Krieg nicht das geringste Interesse, nach dem er erkannt hat, daß dieser Krieg lediglich eine Angelegenheit des Dollarkapitals und der Kriegsschieber ist.