Ein Soldat spricht zur Heimat
Von Uffz. Roll Yaldez
In Stalingrad steht die heldenmütige 6. Armee im Kampf auf Leben und Tod mit
den von allen Seiten unausgesetzt Tag und Nacht angreifenden Menschenmassen des Feindes. In ähnlicher Lage wie diese seil Monaten todesmutig ihre Stellung behauptenden Helden befand sich seinerzeit die Kampfgruppe Scherer, die in unerhörtem Heroismus dreieinhalb Monate vom Feind eingeschlossen war. Einer der Männer aus dieser Kampfgruppe, der zur Zeit als Verwundeter im Reservelazarett in Graz liegt, spricht im folgenden im Hinblick auf den Gedenktag am 30. -Jänner zur Heimat. Nicht anders als er würden wohl die Stalingrad-Helden zu uns sprechen, wenn sie in diesen für sie und uns so schicksalsschweren Tagen Zeit zu Worten hätten.
Der Krieg ist ein Greuel, aber wir wurden nicht gefragt, ob wir ihn wollten oder nicht, er wurde uns aufgezwungen. Und so gibt es für uns alle nur eines: Uns mit allen Kräften zu wehren.
Dazu aber muß man Soldat sein. Der Krieg wird heute nicht nur an der Front geführt, sondern ebensosehr in der Heimat. Also muß jeder in der Heimat Soldat sein, ob er will oder nicht.
Für Soldaten gibt es eiserne Gesetze, nach denen sie antreten und kämpfen. Diese Gesetze sind sehr einfach, aber unerbittlich. Sie bezwecken nicht mehr und nicht weniger, als den Gegner zu vernichten. Es geht um Leben und Tod. Und alles, was sich nicht in diesen Rahmen fügt, wird ausgeschaltet. Das hochkomplizierte Leben wird dadurch sehr einfach, ja primitiv. Aber es werden ungeheure Energien frei, die dann die letzte Entscheidung in diesem schauerlichen Lebenskampf bringen.
Der bolschewistische Todfeind hat das schon immer erkannt. Daher sein ungeheures Reservoir an Kraft. Uns fällt die Erkenntnis schwer, und gar daraus die letzten Folgerungen zu ziehen, scheuen sich heute noch viele. Diese allzu menschlichen Hemmungen müssen überwunden werden, so oder so. Haben wir uns aber aufgerafft, so finden wir selbst so viel versteckte Kräfte, daß aus der anfänglichen Erschütterung und Kleinmütigkeit ein verbissener Zukunftsglaube wird.
Ich denke als Soldat an dreieinhalb Monate Einschließung der Kampfgruppe Scherer gerade vor einem Jahr. Kaum zwei Quadratkilometer groß war der Raum, in dem uns die Bolschewisten in erschreckender Überlegenheit an Mann und Waffen gegenüberlagen. Dazu Schnee, Kälte, Durst, Hunger, tödliche Müdigkeit und Erschöpfüng. Die Quartiere waren zerschossen, Notunterkünfte gaben kaum Platz, um sich auszustrecken und zu wärmen, tagelang und nächtelang standen wir bei größter Kälte und eisigem Sturm in der Stellung, oft nur beinhart gefrorene Kost, Nächte hindurch keine Möglichkeit, kurze Minuten zu schlafen. Nicht zwei Stunden standen wir Wache, sondern oft Tag und Nacht und wieder Tag und Nacht, viermal und öfter erlebten wir den Wechsel ohne Schlaf und Wärme. Der Wille durchzuhalten mußte eisern werden. Vor Frost und Müdigkeit kaum mehr des eigenen Körpers mächtig, niedergehalten von der starken feindlichen Artillerie, bombardiert von seinen Flugzeugen, beschossen von seinen Panzern, mußten wir uns mit verbissener Wut seiner immer wieder vorgetragenen, besonders nächtlichen Angriffe erwehren. Munition mußte gespart werden, der Hunger schmerzte, wo gab es noch etwas zu trinken, zu rauchen?
Und dann als Verwundeter! Keine Möglichkeit, abtransportiert zu werden – mit 30 und mehr Kameraden in einer halbzerschossenen Bauernkate! Kein Bett, kein Heu oder Stroh. Jedes Fenster zerschlagen, mit Brettern vernagelt, keine Lüftung, keine Reinigung, kein Abort; schwerverwundete Soldaten in Fieberschauern, ohne Pflege, Mangel an Nahrung, an Verbandsmaterial! kein Brief von daheim und keiner in die Heimat, dazu Läuse zu Hunderten und Tausenden. Und das alles wenige hundert Meter hinter der Stellung, mitten im Artilleriefeuer. Was war da noch das bißchen Leben wert? Es war zusammengeschmolzen fast zu einem Nichts. War der ganze Kampf gegen die Sowjets hart. sehr; hart. so war doch der einzelne eben der Träger des Kampfes. Als Verwundeter aber war er nichts. Und das erzwang die wohl bitterste Erkenntnis, daß das eigene geliebte Leben in diesem ungeheuerlichen Geschehen nichts bedeutet. Da gibt es nur Leben und Tod, alles andere fällt als unwesentlich ab.
105 Tage haben wir so durchgehalten. Der Führer hatte es befohlen, und so geschah es. Bis die Befreiung erfolgte. So hart auch alle Anforderungen sein mögen, der deutsche Soldat überwindet alles. Jetzt in diesen schwersten Kämpfen an der Ostfront leistet er Ungeheures und überbietet alles bisher Getane. Es wird letzten Endes gelingen, auch hier den Gegner zu vernichten, aber nur durch eine außerordentliche Kraftentfaltung und eine letzte Ausrichtung auf Leben und Tod. Unsere Kameraden in Stalingrad haben das Leben überwunden und den Tod, und deshalb sind sie Sieger, wie wir noch keine herrlicheren gehabt haben.
Der Kampf ist unerbittlich und deshalb müssen wir siegen. Wir müssen siegen, um nicht alles, auch das Leben zu verlieren, und wir werden siegen! Diese Siegesgewißheit ergibt für die Heimat aber kein fröhliches Hurra, genau so wenig, wie sie in Krisenzeiten den Kopf nicht hängen zu lassen braucht, sondern die ganz klare und eindeutige Pflicht, genau so bedingungslos den Kampf zu führen wie der Soldat draußen. Das muß gelernt sein. Der Frontsoldat kann es. ebenso die Bevölkerung der von Bombenangriffen heimgesuchten Gebiete. Unsere Heimatgaue im Südosten können es noch nicht. Es fällt jedem Soldaten schwer, der Heimat Opfer zuzumuten, es fällt noch schwerer, ihr das soldatische Leben aufzuzwingen. Aber es muß sein.
Ein Teil des Volkes geht wie immer, oft belächelt, oft angefeindet, voran; der andere Teil muß folgen. Heute muß jeder Volkgenosse so weit sein, auf jeden persönlichen Vorteil im Interesse des Volkes verzichten zu können.
Was ihr bisher erlebt habt, war nichts anderes als ein schlechterer Frieder Wenn nun tatsächlich statt des schlechten Friedens ein anständiger Krieg kommt, dann kann euch nur ein unbändiger Stolz erfüllen, nun auch Soldaten zu sein. Und dann seht von dieser Warte, in Gedanken an eure Söhne, Gatten und Brüder an der Front, auf eure tatsächlichen Sorgen. Die Ernährung läßt euch. graue Haare wachsen? Die Bekleidung macht euch Sorgen? Die Arbeit reibt euch auf? Ihr habt keine Entspannung, weil es keinen Feierabend gibt, keinen Wein?
Ihr habt Tag und Nacht, ihr habt ein Dach über dem Kopf, ihr habt Gatten und Kinder, ihr leidet keinen Hunger, ihr schwebt nicht in dauernder Lebensgefahr. Ihr habt fast alle eine glückliche Jugend, gehabt und zehrt heute noch von Erinnerungen daran. Was hat denn die Jugend gehabt, die heute an der Front steht? Ja, eine große Zeit, darum ist-sie selbst groß, aber vom Leben hat sie nichts gehabt. Euch darf überhaupt nur eines Sorgen machen, und das sind eure Angehörigen an der Front. Und diese Sorge macht euch selbst zu Kämpfern.
Der Feind will uns mit allen Mitteln vernichten. Wir wissen das und schöpfen daraus verbissene Kraft. Wir wissen aber auch, daß wir diesem Feind als Soldaten, wohlgemerkt als Soldaten in allem überlegen sind. Also müssen wir alle Soldaten sein. Das ist die selbstverständliche Förderung, die jeder Frontsoldat an die Heimat zu stellen hat. Er soll stolz werden auf diese Heimat. Es darf nicht vorkommen, daß er sich ihrer schämt, weil er. in manche Hamsterei Einblick erhalten hat, mit Meckerern und Drückebergern zu tun bekommen hat. Der Soldat hat da sehr einfache Erziehungsmittel, Auch bei den Einheiten der Wehrmacht sind nicht lauter anständige Kerle; da ist oft ein Lump darunter; aber die Gemeinschaft ist so stark, daß solche Fehler radikal ausradiert werden. Selbsthilfe der Gemeinschaft ist zwar oft brutal, aber wirksam. Höflichkeit und Objektivität sind schöne Tugenden, aber zur Bekämpfung von Unanständigkeit taugen sie nicht.
Es läßt sich nicht alles durch Befehle und Gesetze regeln; in tausend Fällen muß sich die Gemeinschaft eben selbst, helfen. Was da an guten Elementen vorhanden ist, hat die Pflicht zum Führen und Ausmerzen. Du mußt immer so handeln, als hinge das ganze Geschick des Volkes von dir selbst ab. Nicht der andere wird dein nacktes Leben retten, sondern du selbst wirst es tun und das des anderen dazu. Das ist wenig erfreulich, um so weniger, als jeder überzeugt ist, für sich das Recht auf ein etwas besseres Leben erworben zu haben. Ein solches Recht gibt es nicht. Gekämpft wird nicht für das Jetzt, somit für uns, sondern für die Zukunft des Volkes, für unsere Kinder. Wir haben das ohne eigene Wahl zu tragen und auszufechten. Andere Generationen, andere Völker werden vom Schicksal milder angefaßt. Das enthebt uns nicht der Pflicht, der großen Zeit und der großen Männer unseres Volkes würdig zu sein.
Hart müssen wir sein im Ertragen von Entbehrungen und vom Übermaß der Arbeit und ebenso hart im Erleiden großen Schmerzes. Fällt der Kamerad in der Stellung, übernehmen die anderen seine Aufgabe mit; die Pflicht wird immer härter, aber auch der Mann. In der Heimat kann es nicht anders sein. Wir freuen uns an Siegen, wir empfinden die Härte von Niederlagen und Opfern, das aber nur am Rande. In uns und uns völlig erfüllend ist der unerbittliche Wille, alles zu tun und alles auf uns zu nehmen, um unsere Feinde zu vernichten und unserem Volk das Leben zu erkämpfen.
Welcher Unterschied in der Festesfreude vom 30. Jänner 1933 und der zehnjährigen Wiederkehr dieses Tages! Damals und die Jahre danach ist in stiller, aber intensiver Arbeit einzelner das Reich aufgebaut worden. Ein beträchtlicher Teil sah zu, wartete ab, ließ sich treiben. Das ging damals, da unsere Aufgabe kleiner war. Heute ist sie hinausgewachsen über den Kontinent. Völker, die es heute ebenso anginge, wie seinerzeit bei uns alle Volksgenossen, stehen abseits, um so mehr muß unser Volk mit allen und den letzten Kräften sich einsetzen. 1933 sind uns wenige vorangegangen, heute marschieren wir alle mit, und jeder einzelne trägt mit an der Verantwortung. Denn wessen zusätzliche Kraft hätte im entscheidenden Fall vielleicht nicht den Ausschlag gegeben? Wir sind alle Soldaten geworden. Das gibt uns Kraft und Stolz und wir werden würdig, Gefolgsmänner unseres Führers zu sein, mit denen er jede Aufgabe meistert. So feiern wir den 30. Jänner des Jahres 1943.