Innsbrucker Nachrichten (April 21, 1945)
Der Kampf um die Gruppe der Ryukyu-Inseln
Japanische Einheiten fügen dem Gegner schwerste Verluste zu
Berlin, 20. April – Die harten Kämpfe auf den Ryukyu-Inseln südlich der japanischen Heimatinseln und insbesondere die Kämpfe auf der Insel Okinawa haben die Schlacht auf dem Pazifik wiederum in den Mittelpunkt des allgemeinen Interesses gerückt.
Als der japanische Widerstand auf Iwojima aushörte, war man in Japan bereit, den direkten Angriff auf die Kerninseln zu erwarten. In eines der wichtigsten Verbindungsglieder der langgestreckten japanischen Inselreihe ist der Amerikaner nun hineingestoßen. Er hat sich damit der Verbindung Formosa-Japan in den Weg gestellt, hat gleichzeitig eine Flankenstellung gegenüber der Jangtse-Mündung und Schanghai bezogen. Durch den Angriff auf die Insel Okinawa der Ryukyu-Gruppe stellen sich die USA zwischen Japan und den Philippinen, außerdem aber auch vor den wichtigen Nachschubhafen der Chinafront.
Die Angriffe gegen Tokio, von denen in den letzten Tagen berichtet wurde, sind nur möglich von einer Landbasis aus, was bisher wegen fehlender Stützpunkte ausgeschlossen war. Nur die Superfestungen mit ihrer größten Reichweite konnten sich den An- und Abflug zum Angriff auf Japan leisten. Von Okinawa aus können jedoch Bomberverbände starken.
Der amerikanische General Nimitz hat die Wichtigkeit der eingeleiteten Operation erkannt und infolgedessen ein gewaltiges Aufgebot seiner Kräfte eingefasst. Große Flugzeugträger-Einheiten, zu denen auch solche der britischen Flotte gestoßen sind, wurden zusammengezogen. Gleichzeitig begannen Luftangriffe gegen wichtige japanische Luftstützpunkte auf den Kerninseln, um die größte Gefahr für die US-Trägerflotte, das Kamikazekorps, auszuschalten. Wenn Japan meldet, dass mehrere Hundert Feindschiffe inzwischen versenkt oder schwer getroffen wurden, ja kann man ermessen, welche Einbußen dem gewaltigen Einsatz der Feindflotte zugefügt wurden. Dennoch versucht der Gegner weiter, seine Landung vorwärtszutreiben, führt Nachschub heran und zieht Trägerflugzeuge um die Inseln; so dass auch den japanischen Luftgeschwadern und Einzelkämpfern neue Ziele geboten werden.
Wahrscheinlich hat die US-Kriegführung im Pazifik angenommen, mit der japanischen Flotte in Berührung zu kommen. Obwohl die Japaner im Seeraum der Ryukyu-Gruppe günstige Voraussetzungen vorgefunden hätten, ist der Zusammenprall unterblieben. Wenn auch die japanische Flotte Regierung amtlich bekannt, dass sie auch das zweite damit ein entscheidendes Mittel aus der Hand ließ, den Sprung des Gegners ans die Okinawa-Gruppe zu verhindern, mögen japanische Überlegungen sehr tiefgreifender Art für die Verschiebung des Zusammenstoßes gegeben sein. Auch Japan steht auf dem Standpunkt, dass erst die letzte Schlacht den Krieg entscheidet.
Der Stil der feindlichen Landungen ist immer derselbe. Er erfordert gewaltige Einsätze. Den Verteidigern stehen Luftstreitkräfte, leichte Flottenteile, wie Schnell- und Torpedoboote, zur Unterstützung zur Verfügung. Diese haben im Verstand der feindlichen Kräfte erheblich aufgeräumt. Der Feind steht jetzt 700 Kilometer vor der japanischen Kernstellung, aber viele Tausend Meilen von seinem Ausgangshafen. Die Vorteile des einen Faktors werden durch die Nachteile des anderen stark aufgewogen. Es besteht jedoch kein Zweifel, dass Japans Kriegsführung sehr achtsam die Entwicklung verfolgt, um kein operatives Übergewicht der Gegenseite aufkommen zu lassen.