Völkischer Beobachter (June 11, 1944)
Nach jahrelangem Warten:
Das Westheer kämpft wieder!
pk. Caen, 10. Juni –
Caen sollte die Einfallspforte der Anglo-Amerikaner nach Frankreich werden. Hier setzten sie in den Nachtstunden des 6. Juni mit besonderer Wucht zum Angriff an. Sie wollten in Caen im ersten Zugriff wenigstens einen, wenn auch weniger leistungsfähigen und nur kleineren Schiffen zugänglichen Hafen in ihre Hand bekommen. Mehrfach im Laufe des schicksalsvollen Dienstags behauptete der Brite, dieses Ziel sei erreicht. Es war eine Lüge – Caen ist keinen Augenblick unserer Macht entglitten, nach wie vor besitzt der Feind in seinen Landeköpfen zwischen Orne und Vire und westlich der Viremündung keinen Platz, der die Ausschiffung von Massengütern und schwersten Waffen gestattet, geschweige denn einen Hafen erster Ordnung, auf dessen Gewinn sein Trachten vor allem gerichtet bleiben wird. Insoweit ist bereits die erste Phase der Invasion ganz anders verlaufen, als sich die Anglo-Amerikaner vorgestellt hatten.
Aber niemand darf sich darüber täuschen, daß diese erste Etappe nicht mehr war als die Eröffnung des Dramas, auf das die Welt seit Monaten wartete. Die große Entscheidung des zweien Weltkrieges, die in den Ebenen Nordfrankreichs fallen soll, bereitet sich erst vor. Ihre Stunde rückt erst heran.
Diese Entwicklung der Dinge war vorauszusehen. Wir haben nicht erwartet, daß die Landung der demokratischen Trabanten Stalins, ähnlich wie ihr Unternehmen von Dieppe – nicht gerade rühmlichen Angedenkens – bereits im ersten Anlauf zusammenbrechen werde. Eine derartige lokal begrenzte Katastrophe hätte von unseren Gegnern ebenso wie ihr Fehlschlag im Sommer 1942 als ein Ereignis von untergeordneter Bedeutung, als eine Art noch nicht ernst gemeinter Generalprobe ausgelegt werden können. Wenn die neue „Schlacht um Frankreich“ ebenso wie der Feldzug von 1940 zu einem Geschehen von letzter Tragweite werden soll – und das wünschen wir, im entgegengesetzten Sinne, nicht weniger brennend als unsere Gegner – so dürfte sie nicht mit einer Niederlage des Feindes in der ersten Runde enden. In einer erbitterten Auseinandersetzung der auf beiden Seiten aufgespeicherten Kräfte soll und wird das Urteil fallen, wer in diesem Kriege zum Endsiege berufen ist. Diesem Stadium wächst die Invasionsschlacht folgerichtig entgegen.
Der Feind versucht in jeder Nacht von neuem, seine Einheiten in den Landeköpfen beiderseits Bayeux und um Sainte-Mère-Église zu verstärken und Boden für seine feste Verankerung auf dem Festlande zu gewinnen. Wenn es der Vorteil der Anglo-Amerikaner war, diesen Ort auszusuchen und hier mit der überwältigenden Übermacht der ersten Stunde in die Festung Frankreich einzudringen, so haben wir es nun leichter, unsere Eingreifkräfte aus der Tiefe des Westraumes auf weitverzweigten Wegen für diesen Zweikampf anrücken zu lassen. Wohl versucht der Gegner mit allen, auch den barbarischsten Mitteln, die Bewegungsfreiheit der deutschen Divisionen zu hemmen. Er legt hemmungslos alle französischen Städte in Schutt und Trümmer, die er als Knotenpunkte unserer Verschiebungen betrachtet, ohne damit die deutschen Operationen wesentlich beeinträchtigen zu können. Denn das französische Straßennetz ist so gut ausgebaut und so dicht gespannt, daß auch die Lahmlegung einiger Hauptkreuzungen unsere Bewegung nicht durchschlagend stören kann. Der einzige unbestreitbare Effekt dieser Art von Kriegführung besteht also darin, den letzten Franzosen von Verstand über das wahre Wesen der demokratischen Freunde des Landes aufzuklären. Der militärische Nutzen dieser Schandtaten steht in keinerlei Verhältnis zu ihrem moralischen Ergebnis. Wenn Roosevelt etwa gehofft hatte, in Frankreich werde sich bei der Ankunft seiner Armada ein Heer von sogenannten Patrioten zu seiner Unterstützung erheben, so darf er heute mißvergnügt feststellen, daß er es vielmehr verstanden hat, die alteingewurzelten Sympathien der französischen Nation für amerikanisches Wesen in Haß zu verkehren.
Gerade der reibungslose Ablauf aller von der deutschen Führung vorgesehenen Maßnahmen ist das eigentliche Erlebnis dieser Tage. Der elektrisierende Funke, der uns in den ersten Morgenstunden des 6. Juni belebte, hat sich in das ruhigere Feuer einer festen Zuversicht verwandelt, wenn wir nun sehen, was auf unserer Seite alles für die europäische Entscheidungsschlacht bereitgestellt wurde, wie stark unsere Reserven auch an der Schwelle des sechsten Kriegsjahres sind. Daß das deutsche Westheer vom General bis zum letzten Mann mehr als seine Pflicht tun würde, daß abgeschnittene Stützpunktbesatzungen nicht daran denken würden, sich selbst und ihre Stellung verlorenzugeben – all das wußten wir ohnehin mit Sicherheit.
Das Westheer kämpft endlich wieder – welche Quelle neuer Stärke ist allein dieses Gefühl nach der bleiernen Zeitspanne jahrelangen Wartens! Und wir marschieren im Besitz einer Rüstung, die uns in dem entscheidenden Kampfe nicht im Stiche lassen wird. Wir wissen, daß Schweres vor uns liegt. Wenn die ersten vier Tage der Invasion dem Feinde bereits schwerste Verluste und beunruhigende Enttäuschungen gebracht haben, so waren sie für uns darum nicht leicht. Aber wann hätten sich im Kriege Mühen und Opfer jemals nach einem absoluten Maßstabe messen lassen? Standkraft und Angriffsschwung wachsen, wenn das Bewußtsein einer Sternenstunde die Herzen schneller schlagen läßt.
Während der Kampf sich seinen wahrhaft bedeutsamen Phasen nähert, trägt das deutsche Westheer der feste Wille und die Zuversicht, ihn siegreich zu bestehen. In der Haltung germanischer Opferbereitschaft stehen die bewährtesten Divisionen der Wehrmacht Adolf Hitlers neben der Blüte unserer Jugend auf den katalaunischen Schlachtfeldern des 20. Jahrhunderts.
Kriegsberichter FRITZ ZIERKE