Völkischer Beobachter (December 24, 1944)
Kriegsweihnachten 1944
vb. Wien, 23. Dezember –
Wen wundert die Wahrnehmung, dass wir diese winterliche Sonnenwende, dieses Weihnachtsfest und diesen Jahreswechsel mit stärkerer Zuversicht Alst letzthin noch erwarten?
Unsere Stimmung, deren Einfluss sich die Gedanken in der Festwoche zu gerne unterwürfen, hat während der letzten Monate und am stärksten in den letzten Wochen einen Wandel durchgemacht. Vor einem Jahr noch zogen auch durch die hohe Nacht der klaren Sterne die Nebel einer ungewissen Zukunft, in der sich Größen, Gegner und Gefahren bargen, die wir noch nicht kannten. Diese Nebel haben sich gehoben. Was wir zu Weihnachten vor einem Jahr noch fürchten mussten, weil wir es nicht kannten, wurde uns seitdem im täglichen Umgang vertraut. Die Größe der feindlichen Übermacht, die Reichweite der gegnerischen Anstrengungen und ihr gefährliches Ziel, unser Reich zu erdrücken und uns in diesem Würgegriff zu ersticken, enthüllten sich rückhaltlos.
Wer nie geahnt haben mag, womit uns der Krieg droht, begriff es, als der Feind auf unsere Grenzen stieß. Wer aber je daran zweifelte, dass wir mit Todesmut jeden Meter unseres deutschen Heimatbodens streitig machen wollten, wurde im Westen und im Osten durch die unermüdliche Zähigkeit unserer Abwehr besser belehrt. Dass die Defensive doch nicht unsere letzte Karte war, zeigte die letzte Woche, in der ein deutscher Angriff mit überraschender Kühnheit die Welt in staunende Bewunderung unserer Kraft versetzte.
Die gefährliche Drohung dieses Krieges, die todesmutige Verteidigung des Vaterlandes und der erste sichtbare Erfolg unserer großen Anstrengungen bezeichnen den Weg, den wir auch an den Weihnachtstagen nicht um der Erinnerung willen an ein lichtglänzendes Friedensfest verlassen wollen. Viel Zeit schenken wir den weihnachtlichen Gedanken also nicht. Die Pflichten drängen sich in den Vordergrund. Lasst uns die Besinnung auf das schönste deutsche Fest zu einem Quell des Kraftstroms machen, der uns durchfließen muss, wenn wir unsere nächste Zukunft bestehen wollen! Lasst uns inmitten vielen Verzichts, sehr schwerer Sorgen und stärkster Anspannung an das friedliche Bild des Weihnachtsabends nur denken, um uns zu besinnen, welche schönen Werte wir ihnen durch den Krieg zurückgewinnen wollen.
Frieden und Glück, die heilige Eintracht der Familie und das beseligende Bewusstsein des Wohlgefallens unter allen Menschen, die uns nahestehen, vermissen wir im sechsten Jahre des Krieges mehr noch als zu seinem Beginn, obwohl er Muße genug ließ, uns an den Unfrieden und die Unrast, die räumliche Trennung jeglicher Liebe und die Kenntnis ungemessener Sorgen und Leiden zu gewöhnen. Stärker aber als früher erscheint er uns darum wie der Durchgang in die schönere Zukunft. Ihr zuliebe verschmerzen wir die Wehmut der sechsten Kriegsweihnacht und vergessen die Rührung, die zu diesem Fest sonst gehört wie sein Lichterbaum und der Gabentisch. Der Krieg hat diese verbannt und lässt für jene keinen Raum, wir dürfen uns seinem Gesetz nicht entziehen.
Es kommt alles einmal wieder, wie wir es uns wünschen, je schneller, je mehr wir unsere Mühe dafür aufbieten. Die Vergangenheit war Ruhe, die Zukunft wird Frieden sein – aber die Gegenwart ist der Krieg. Ihm gehören wir. Wen die Weihnachtsruhe für Stunden oder Tage vom Platz seiner gewohnten Pflicht entlässt, möge sie in Gedanken an unsere Soldaten nutzen, denen keine Pause im Kampf geschenkt wird. Dann folgt auf das Fest die Vermehrung der Kraft, die der Krieg von uns fordert. Auch die Weihnachtswoche handelt ihm davon nichts ah, die wir in der bewussten Klarsicht aller Gefahren, aber auch aller großen Möglichkeiten erleben, die unseren zum Höchstmass gesteigerten Anstrengungen gegeben sein können.
schie.
Frontsendung am Weihnachtsabend
Berlin, 23. Dezember –
Der Großdeutsche Rundfunk bringt in einer Frontsendung am 24. Dezember 1944 von 19,30 bis 20 Uhr Weihnachtshörberichts von der West-, Ost- und Italienfront und Funkgespräche mit den eingeschlossenen Besatzungen der Kanal-, Atlantik- und Ägäis-Stützpunkte.