Wiener Kurier (February 4, 1946)
Die Vergewaltigung Hollands vor dem Nürnberger Kriegsgericht
Nürnberg, 4. Februar (DANA) – Wie die Nazi versuchten auch in Holland das Volk geistig zu brechen, schilderte in der Samstagsitzung der von der französischen Anklagevertretung vorgeladene Belastungszeuge Senator Jakobus Vorrink, Vorsitzender der Sozialdemokratischen Partei Hollands.
Die Schlüsselstellungen der Verwaltung seien mit Angehörigen der nationalsozialistischen Bewegung besetzt worden, die von den Nazi als die einzige rechtmäßige Organisation in Holland erklärt worden war.
Die nationalsozialistische Durchdringung Hollands habe sich auf alle Lebensgebiete Hollands erstreckt. Aber weder die holländischen Gewerkschaften, noch die sozialdemokratische Partei habe sich von den Tricks der Nazi, sie für sich zu gewinnen, einfangen lassen. Auch die Judenverfolgungen seien in Holland auf den Protest der Bevölkerung gestoßen. Studenten und Arbeiter in Amsterdam, so berichtete Vorrink, unternahmen einen Sympathiestreik, und auch in anderen Teilen des Landes kam es zu Sympathiekundgebungen. Hunderte von Geistlichen seien in die Konzentrationslager geworfen worden. Von 20, Vorrink bekannten Geistlichen, sei nur einer aus dem KZ nach Holland zurückgekehrt. Der Zeuge schilderte ferner die Eingriffe der Nazi in das Schulwesen und in die Arbeit der Presse und der Künstler.
Der Terror in Dänemark
Der französische Ankläger Faure gab dann eine Darstellung der Souveränitätsverletzungen, die sich die Nazi in Dänemark zuschulden kommen ließen, das doch offiziell nicht als besetztes Land galt, so daß hier die Deutschen nicht einmal vom deutschen Standpunkt aus berechtigt waren, in die Staatsführung einzugreifen. Schon vor dem Kriege habe die nationalsozialistische Propaganda in Dänemark auf das Ziel hingearbeitet die Einheit des dänischen Volkes zu zersetzen. Nach Kriegsbeginn richtete sich die nationalsozialistische Propaganda allmählich auch gegen die dänische Regierung, das Parlament und den König.