Völkischer Beobachter (August 29, 1942)
England verlor 315 Flugzeuge in vierzehn Tagen –
Raumgewinn westlich Stalingrad
dnb. Aus dem Führer-Hauptquartier, 28. August –
Das Oberkommando der Wehrmacht gibt bekannt:
lm Kaukasus erzwangen Gebirgstruppen den Übergang über weitere Hochgebirgspässe. Versprengte feindltche Kräfte wurden vernichtet. Westlich Stalingrad gewinnt der deutsche Angriff gegen zähen feindlichen Widerstand Raum. Bei der Abwehr verzweifelter Gegenangriffe wurden allein am gestrigen Tage im Bereich eines Armeekorps unter hervorragender Einwirkung von Flakbatterien 135 Sowjetpanzer vernichtet oder erbeutet. Starke Kampf- und Nahkampffliegerkräfte griffen in die Erdkämpfe vernichtend ein. Außerdem wurden Stalingrad und die rückwärtigen Verbindungen der Sowjets bei Tag und Nacht bombardiert. Zwei große Wolgafrachter und ein Tanker wurden in Brand geworfen. An der Donfront wiesen deutsche und italienische Truppen feindliche Angriffe ab.
Südwestlich Kaluga und bei Rschew wurden an mehreren Stellen Angriffsvorbereitungen des Feindes im Zusammenwirken mit Luftwaffenverbänden zerschlagen. Örtliche feindliche Angriffe scheiterten.
Südlich des Ladogasees griff der Feind mit starken Kräften die deutschen Stellungen an. Die Sowjets wurden in harten Kämpfen zum Teil im Gegenstoß zurückgeworfen und dabei 35 Panzer abgeschossen.
Die Sowjetluftwaffe verlor am gestrigen Tage in Luftkämpfen und durch Flakartillerie 101 Flugzeuge‚ 1 weitere wurden auf dem Boden zerstört. Ein eigenes Flugzeug wird vermißt.
Bei Einflügen in die besetzten Westgebiete wurden gestern tn Luftkämpfen 15, durch Vorpostenboote drel britische Flugzeuge ohne eigene Verluste abgeschossen. Nach wirkungslosen Tagesstörfltigen über West- und Nordwestdeutschland führten Verbände der britischen Luftwaffe in der Nacht zum 28. August Angriffe, vor allem auf die Stadt Kassel‚ durch. Die Zivilbevölkerung hatte Verluste. In Wohnvierteln entstanden Sach- und Gebäudeschäden. Durch Nachtjäger und FIakartillerie wurden nach bisherigen Meldungen 35 der angreifenden britischen Bomber zum Absturz gebracht.
In der Zeit vom 14. bis 27. August verlor die britische Luftwaffe 315 Flugzeuge, davon 52 über dem Mittelmeer und in Nordafrika. Während der gIeichen Zeit gingen im Kampf gegen Großbritannien 13 eigene Flugzeuge verloren.
Bei Tag und in der vergangenen Nacht griff die deutsche Luftwaffe kriegswichtige Anlagen an der Südküste Englands sowie in Mittel- und Ostengland mit Spreng- und Brandbomben an.
Nach harten Kämpfen vorwärts
dnb. Berlin, 28. August –
Zu den Kämpfen an der Ostfront am Donnerstag werden vom Oberkommando der Wehrmacht noch folgende Ergänzungen mitgeteilt:
Den Bolschewisten war es trotz verzweifelter Gegenangriffe nicht möglich, die im Kaukasus vordringenden deutschen und verbündeten Truppen aufzuhalten. In harten durch das Hochgebirge erschwerten ämpfen wurden mehrere Täler vom Feinde gesäubert und versprengte bolschewistische Kampfgruppen vernichtet. Im weiteren Angriff wurde der feindliche Widerstand an mehreren Paßstraßen des Hochgebirges gebrochen. Nördlich vom Kaukasus sind die deutschen Truppen in der Kalmückensteppe ebenfalls im weiteren Vorstoßen. Mehrere Stützpunkte des Feindes wurden nach Kampf genommen.
An der Donfront wurden von deutschen und italienischen Truppen mehrere Angriffe der Bolschewisten in heftigen Kämpfen abgeschlagen. Feindliche Kräfte, die den Don zu überschreiten versuchten‚ erlitten hohe Verluste und wurden zersprengt. Am 26. August verloren die Bolschewisten bei der Abwehr eines Infanterieangriffes‚ der von starker Artillerie und Kavallerieverbänden unterstützt war, durch italienische Truppen außer hohen blutigen Verlusten mehrere hundert Gefangene sowie zahlreiche schwere und leichte Infanteriewaffen. In der Donschleife wurden am Donnerstag bei der Vernichtung einer eingesickerten Kamegruppe weitere 100 Gefangene eingebracht.
Südlich des Ladogasees traten die Bolschewisten am Morgen des 27. August nach starker ArtillerieVorbereitung unter Einsatz beträchtlicher Kräfte zum Angriff an. Sämtliche Vorstöße wurden unter schweren Verlusten für den Feind abgewiesen.
Rollende Einsätze der Luftwaffe gegen due Wolgastadt –
Stalingrad in Flammen
dnb. Berlin, 28. August –
Wie das Oberkommando der Wehrmacht mitteilt, setzten auch am Donnerstag deutsche Kampfgeschwader ihre Angriffe gegen die Stadt Stalingrad in rollenden Einsätzen fort. Mehrere Fabriken der bolschewistischen Rüstungsindustrie brannten, von Spreng- und Brandbomben getroffen‚ bis auf die Grundmauern aus. Außerdem wurden zahlreiche Versorgungsanlagen im Hafengebiet eingeäschert. Noch in über 50 Kilometer Entfernung wurden große Brandherde beobachtet. Vor allem im Dunkel der Nacht bot die brennende Stadt ein Bild der Zerstörung.
Eine anschauliche Schilderung der rollenden deutschen Luftangriffe auf die Stadt an der Wolga gibt der nachstehende Bericht eines deutschen Kriegsberichters:
pk. …, 28. August –
Seit 48 Stunden hämmert die Luftwaffe auf die Stadt, die den Namen des Sowjetdiktators trägt. Hämmert Tag und Nacht. Von überall her stoßen Kampf- und Sturzkampfflieger zum großen Wolgaknie vor. Die Sperrfeuerbatterien der Sowjetflak auf den Höhen westlich Stalingrad und an der Uferbahn feuern aus allen Rohren‚ aber sie können das Schicksal der bolschewistischen Hochburg nicht abwenden. Die Angriffe rollen unbekümmert um die geballte Kraft der feindlichen Flakabwehr.
Es ist ein Großkampf von Heer und Luftflotte. Von den Feldflugplätzen rollen die Einsätze unaufhörlich. Sturzkampfflugzeuge klettern in steilen Kurven durch die rotbraunen Staubwolken über ihren Flugplätzen hoch‚ sammeln sich und ziehen nach Osten. Ihre schweren Bomben hämmern den Widerstand vor den Panzerspitzen nieder. Kampfgeschwader ziehen weit hinüber in den Verteidigungsgürtel der großen Wolgastadt und werfen die Bombenreihen in die mit Truppen angefüllten Schluchten. Wenn sie anfliegen, lassen sie in den Tälern Wände von Rauch und Feuer zurück, und schon sind neue Wellen von Kampfflugzeugen wieder über dem Feind. Aber auch der Schwung der schnellen Truppen ist überwältigend. Am Vormittag wird die neue vordere Linie bekanntgegeben. Zu diesem Zeitpunkt sind schon viele Orte erkämpft, die am Morgen noch das Ziel unserer Kampfflieger waren.
In großem‚ kühnen Anlauf brechen die Panzer die Front von Stalingrad auf. Zerstörer- und Schlachtgeschwader greifen verbissen in die Erdkämpfe ein. Die Jäger haben einen heißen Tag. Sie meldeten zweiundsiebzig Luftsiege. Am Abend fallen die ersten vernichtenden Bombenschläge auf die bolschewistische Hochburg an der Wolga. In wütendem Feuer schwerer und schwerster Flakbatterien greifen sich die Kampfflieger ihre Ziele heraus. Bomben schweren und schwersten Kalibers reißen die beiden Bahnhöfe auf, die so deutlich zu erkennen sind, weil zwischen ihnen wie mit einer scharfen Stackel gemeißelt eine tiefe Schlucht klafft.
Volltreffer schlagen in die Räume der Rüstungswerke am Strom. Schon flackern in der Tiefe mit dunkler Glut viele Brände. Das Werk im Süden der Stadt, vielleicht sind es chemische Anlagen, lodert an allen Ecken und Enden. Auch aus dem metallurgischen Werk‚ das den Namen „2. Oktober“ trägt, schlagen mit gelbblauern Rauch helle Flammen. Niedergewalzt von den Bombenreihen werden as Panzerwaffenwerk und das Traktorenwerk. Die Kampfbeobachter an ihren Bomhenzielgeräten legen eine Millimeterarbeit hin. Spezialisten nehmen sich die Wolgaschifffahrt vor. So wird Stalingrad‚ das sich in einer Länge von etwa zwanzig Kilometer an den Strom schmiegt, zusammengeschlagen.
Wenn die Bolschewisten gestern glaubten, das Wetter würde zu ihnen halten, dann täuschten sie sich. Gewiß, in dreitausend Meter Höhe hatte sich eine dicke Wolkenschicht aufgebaut, aber die mäßige Schicht war gerade genug durchlöchert: genau über der Stadt. Durch diese Löcher kamen die Bomben. Daran konnte auch die bolschewistische Flak nichts ändern, die ihre zornigen roten Blitze in vielen Stufen viele tausend Meter hoch emporzischte.
Heute breitet sich ein phantastisches Bild unter uns aus: Das brennende Stalingrad überflutet mit seinen Rauchschwaden nicht nur die gesamte Wolganiederung‚ sondern auch nach Süden die unendliche Steppe. Vom Nordwind hergetrieben, streicht diese Wand über das Kampfgelände einer Panzerarrnee.
Kriegsberichter Walter Urbanek