Salzburger Nachrichten (July 30, 1945)
Japan lehnt Ultimatum ab
Die japanische Regierung ist gewillt, den Krieg bis zum bitteren Ende auszesechten
NEW YORK, 29. Juli (Reuters) – Der Japanische Rundfunk gab bekannt, dass Ministerpräsident Suzuki das Ultimatum der Alliierten, zu kapitulieren, abgelehnt hat. Radio Tokio fügte hinzu, dass Suzuki in einem Interview die Entschlossenheit der japanischen Regierung den Krieg fortzusetzen zum Ausdruck brachte. Die kaiserlich-japanische Regierung wird die Aufforderung zur Übergabe durch die Alliierten nicht zur Kenntnis nehmen.
Zur Ablehnung des Ultimatums durch Japan schreibt der Reuter-Korrespondent William Hardcastle: „Die nach den letzten Angriffen von Superfestungen entstandenen ungeheuren Brände wüteten noch in drei japanischen Kriegsindustrie-Zentren, als die japanischen Minister von dem 77-jährigen Premier, Admiral Suzuki, in aller Eile in die Residenz berufen wurden, um das Ultimatum der Großmächte, „Übergabe oder Zerstörung“, zu besprechen. Nach einer dreistündigen Kabinettssitzung verkündete die japanische Nachrichtenagentur an die Alliierten eine herausfordernde Antwort, in der es heißt, dass „Japan den Krieg seiner feststehenden Politik entsprechend bis zum bitteren Ende ausfechten werde.“
Die gesamte Propaganda-Maschine der Vereinigten Nationen wird eingesetzt, um das japanische Volk von der Proklamation in Kenntnis zu setzen. Von Superfestungen werden Flugblätter mit der Aufforderung an die Japaner, ihre Regierung zu stürzen, kreuz und quer über das ganze japanische Mutterland abgeworfen. Der Sprecher der US-Regierung, Kapitän zur See, E. M. Zacharias, sprach zum japanischen Volk und sagte, dass Japan nur die Wahl zwischen der Annahme der Bedingungen oder völliger Vernichtung hätte. Die Führer Japans könnten nicht länger ihrem Volk die Wahrheit über die Niederlage Japans vorenthalten. Japan müsse den Weg der Vernunft wählen, da seine ganze Zukunft davon abhängt. Wenn das ‚japanische Volk durch seine selbstherrliche Militärclique gezwungen würde, den Weg des Verderbens zu wählen, dann werden Schweiß und Mühe von Jahrhunderten umsonst gewesen sein.
Die Pressestimmen prangern durchgehend die eigensinnige Haltung des japanischen Kabinetts an. Die New York Times schreibt unter anderem: „Die Bedingungen dieses letzten Friedensangebotes der alliierten Regierungen wurden zurückgewiesen und somit muss und wird der Krieg im Pazifik auf dem Schlachtfeld entschieden werden. Die Bedingungen der Alliierten waren so günstig und großzügig, wie man es angesichts der langen Liste brutaler und verräterischer Angriffe Japans gerade noch verantworten konnte.“ Die New York Herald Tribune äußert sich: „Es besteht kein Anlass, durch die glatte Zurückweisung des in Potsdam erlassenen Ultimatums beunruhigt oder überrascht zu sein. Japan wird immer noch durch seine Militärclique beherrscht. Wie lange sie den Japanern noch ihre Entscheidung aufzwingen kann, ist eine andere Frage. Der Nervenkrieg, nur möglich durch Amerikas Stärke und Japans Schwäche. kann es den japanischen Militaristen bald unmöglich machen, weiteren Widerstand zu verlangen.“