‚Orkanartiges Artilleriefeuer über dem Invasionsbrückenkopf‘
Montgomerys Lage kritisch
dr. th. b. Stockholm, 16. Juni –
Die ungeheure Härte der sich ihrem Höhepunkt nähernden großen Schlacht in der Normandie kommt nun in den Berichten der britischen und amerikanischen Kriegskorrespondenten voll zum Ausdruck. „Die Kämpfe an den Fronten des Brückenkopfes,“ so heißt es heute in der Meldung eines Amerikaners, „rasen jetzt mit einer bisher niemals beobachteten Heftigkeit. Das Artilleriefeuer wächst stündlich zu Orkanstärke an. Man hat den Eindruck, als ob ein Steppenbrand von riesigem Umfang über die Kanten des Brückenkopfes eingebrochen ist.“
Als besonders blutig werden die Kämpfe um die Stadt Tilly bezeichnet, wo britisch-amerikanische Verbände sich unter schwersten Blutopfern den deutschen Panzern entgegenwerfen. Tilly gleicht der flandrischen Stadt Ypern im ersten Weltkrieg. Wenn die feindlichen Berichterstatter auch versichern, daß der deutsche Gegenangriff nicht unerwartet gekommen sei, so hat seine Wucht anscheinend trotzdem überrascht. Im Hauptquartier Eisenhowers sehe man der weiteren Entwicklung, so heißt es in einer anderen Meldung, zwar ruhig entgegen, gebe aber zu, daß sich die Lage der Invasionstruppen kritischer gestaltet habe.
Für Montgomery käme es jetzt darauf an, seine Front intakt zu halten, auch wenn das um den Preis von Geländeverlusten geschehe. Noch vorgestern dagegen hieß es, Montgomery habe die Lage so fest in der Hand, daß er weitere Verluste nicht mehr zu befürchten brauche und jetzt dem Brückenkopf durch neue Vorstöße den erforderlichen operativen Raum geben könne.
Die Entwicklung in den nächsten 48 Stunden, so wird in Eisenhowers Hauptquartier weiter betont, wird von ungeheurer Bedeutung sein. Wenn die Deutschen in der Normandie alles auf eine Karte setzen, wie es den Anschein habe, und es ihnen nicht gelinge, die Invasionstruppen ins Meer zu werfen, so müsse das sowohl militärisch wie moralisch auf die deutsche Kriegsmaschine einwirken, wenn es zu neuen Landungen komme und dann dürfte die Lage eintreten, daß die Deutschen alle Kräfte in der Normandie eingesetzt und andere Invasionsgebiete von Truppen entblößt hätten.
Es ist zwar rührend von den feindlichen Berichterstattern, die deutsche Führung davor zu warnen, „in der Normandie alles auf eine Karte zu setzen,“ nötig aber ist es noch nicht. Heute weiß jedes Kind in Deutschland, daß der Kampf gegen die Invasionstruppen in der Normandie von der Überlegung bestimmt ist, daß noch weitere Angriffe gegen den europäischen Kontinent zu erwarten sind und daß deshalb die deutsche Führung mit ihren Reserven eher haushälterischer umgehen wird, anstatt sie blindlings in den Mahlstrom einer einzigen gewaltigen Materialschlacht zu werfen.
Über den Verlauf der Kämpfe wird an Einzelheiten noch folgendes amtlich berichtet:
Am Südrand des feindlichen Brückenkopfes in der Normandie hielt auch am Donnerstag der starke Druck der Briten und Nordamerikaner an. Südwestlich Tilly-sur-Seulles warf der Feind eine frische Panzerdivision in den Kampf, um den Gegenangriff der deutschen Truppen im Quellgebiet der Aure aufzuhalten. Dennoch konnten unsere Infanterie- und Panzerverbände weiter Boden gewinnen und das letzte Stück der östlich Caumont bisher noch bestehenden Frontlücke schließen.
Beiderseits der Straße Bayeux-Saint-Lô setzten die Nordamerikaner ihren Angriff ebenfalls fort. Bis auf einen geringfügigen Einbruch bei Saint-André blieben aber alle Vorstöße erfolglos.
Mit weiteren starken Kräften leitete der Gegner neue Stöße im Raum südlich Carentan, und zwar zwischen der Tarde und dem großen Sumpfgebiet südlich Baupte nach Südwesten ein. Hier sind die schweren Kämpfe noch im Gange. Außer im Raum südwestlich Tilly machte der deutsche Gegenangriff auch östlich der Orne weitere Fortschritte. Der von Südosten her angesetzte Stoß gegen den britischen Frontvorsprung auf dem Ostufer der Orne gewann einige Ortschaften – darunter Touffreville, dass nun bereits zum drittenmal den Besitzer wechselte.
Vor der Ornemündung erschien der Feind weiter mit zahlreichen Schiffen. Im Laufe der Nachmittags- und Abendstunden entwickelten sich hier schwere Artilleriekämpfe zwischen deutschen Küstenbatterien und feindlichen Flotteneinheiten, unter denen sich vier Schlachtschiffe und eine Anzahl leichter Kreuzer befanden. Das Feuer unserer Küstenwerke lag so gut, daß sich die Kriegsschiffe einnebelten und abliefen. Ein einziges Küstenwerk wurde dabei durch ein Schlachtschiff, zwei Kreuzer und fünf Artillerieträger beschossen. Unsere Batterie hatte jedoch keinerlei Ausfälle oder Schäden und lieferte damit einen neuen Beweis für die Stärke der Atlantikbefestigungen.
Auch die Luftkämpfe nehmen täglich an Härte zu, da der Gegner in wachsendem Maße versucht, im Frontbereich wie im Hinterland alle Abwehr- und Angriffsbewegungen durch den Einsatz seiner Luftwaffe zu behindern. Die deutsche Jagdwaffe warf sich den oft in starken Wellen bis tief in den nordfranzösischen Raum vorstoßenden Bomber-, Jagdbomber- und Jägerformationen des Feindes immer wieder entschlossen entgegen. Vom ersten Morgengrauen bis zum letzten Abendlicht waren sie am Feind und erkämpften sich einen wesentlichen Anteil an den über 1.000 vernichteten feindlichen Flugzeugen, die laut Wehrmachtbericht vom 15. Juni bisher über dem Invasionsgebiet zur Strecke gebracht wurden.
Neue Schandtaten der Luftgangster
Triest, 16. Juni –
Die anglo-amerikanischen Luftgangster haben in den letzten Tagen wieder eine Reihe völkerrechtswidriger Unternehmen durchgeführt. So wurde beim Angriff auf Triest das klar mit dem internationalen Abzeichen gekennzeichnete Rote-Kreuz-Schiff Innsbruck durch mehrere Bombentreffer versenkt.
In der Nähe von Revigno wurde ein gleichfalls eindeutig mit dem Zeichen des Roten Kreuzes gekennzeichnetes Flugzeug, das zur Bergung von in Seenot geratenen amerikanischen Fliegern aufgestiegen war, von feindlichen Flugzeugen angegriffen und beschossen.
Ein weiteres Rotes-Kreuz-Flugzeug wurde bei Pola bombardiert. Außerdem wurden Fischerboote bei der Insel St. Andrea von feindlichen Jägern beschossen und dabei vier Fischer schwer verletzt.