Die kleinen Staaten sollen sich den Sowjets ausliefern –
Roosevelt als Moskaus Zutreiber
vb. Wien, 8. Februar –
In einer Hinsicht kann Stalin mit seinen Helfershelfern in London und Washington zufrieden sein: sie geben sich alle Mühe, den Bolschewisten die Hasen in die Küche zu treiben. Das gilt nicht zuletzt für Roosevelts Bemühungen, Litwinow bei der Anknüpfung diplomatischer Beziehungen zu den iberoamerikanischen Ländern vorzuarbeiten. Manche dieser Staaten, die ja sozial in sich nicht festgefügt sind, haben früher schon peinliche Erfahrungen mit bolschewistischer Wühlarbeit machen müssen, die von Moskau geleitet wurde und die meisten von ihnen haben daher niemals Sowjetvertretungen zugelassen oder ihnen nach kurzer Zeit wieder den Stuhl vor die Tür gesetzt, sobald sie sich als Agitationszentralen der bolschewistischen Weltrevolution betätigten.
So war es auch in Uruguay. Montevideo war früher ein beliebter Stützpunkt der Sowjets. Jetzt muß die uruguayische Regierung wieder eine Gesandtschaft der UdSSR. aufnehmen. Der dollarschwere Außenminister Guani, eine der wichtigsten Figuren Roosevelts auf dem südamerikanischen Schachbrett, hat nach einem Besuch in Washington die entsprechenden Schritte unternommen und sucht nun, diese Handlungsweise in eigentümlicher Form zu rechtfertigen. Er gab zu, daß die Sowjetgesandtschaft in Montevideo früher eine Verteilungszentrale für Agitationsstoff in Brasilien und Argentinien war und es nunmehr wieder sein würde. Als waschechter und getreuer Demokrat sei er aber „der Forderung des Volkes nachgekommen.“ Es dürfte sich dabei aber weniger um das uruguayische Volk handeln, als um das „auserwählte Volk,“ dessen Hampelmann Franklin Roosevelt ist, Guani folgt also auch diesmal der Stimme seines Herrn und nicht der seiner Nation; ganz ähnlich liegen die Dinge im Fall Kolumbien. Was von Roosevelts „Politik der guten Nachbarschaft“ zu halten ist, haben die Länder der westlichen Halbkugel in den letzten Jahren zur Genüge erfahren, so jetzt wieder Paraguay, das mit dem Besuch einer USA.-Landwirtschaftskommission beglückt wird. Sie soll für „Anpassungen“ und „Umstellungen“ in der Agrarwirtschaft Paraguays sorgen, also auch diesen Staat dem Dollarimperialismus unterwerfen. Man kann sich also unschwer vorstellen, was der jüdische Publizist Walter Lippmann, der dem Roosevelt-Klüngel nahesteht, meint, wenn er den Völkern Osteuropas empfiehlt, sich auf eine „gute Nachbarschaft“ mit den Sowjets einzurichten. England und die USA. müßten diesen Nationen:
…den bestimmten Rat geben, sich Rußland anzupassen und die Vorstellung aufzugeben, daß sie irgendwelche antibolschewistische Kombinationen mit Hilfe der Westmächte oder Deutschlands zustande bringen könnten.
Sie seien überhaupt nicht in der Lage, militärischen Widerstand zu leisten, „und Großbritannien und Amerika werden nicht eingreifen, um ihnen zu helfen,“ wenn sie das begreifen, würde ihnen Moskau „ein guter Nachbar“ sein.