Völkischer Beobachter (September 10, 1942)
Wie Peru von Washington betrogen wurde –
Roosevelt setzt sich in Ekuador fest
vb. Wien, 9. September –
Wieder ist ein kleiner wehrloser südamerikanischer Staat Opfer der Vergewaltigungspolitik des Wahnsinnigen vom Weißen Haus geworden: das Parlament von Ekuador mußte in einer Geheimsitzung (I) einen Vertrag billigen, der den Vereinigten Staaten Stützpunkte auf den Galapagosinseln und in Salinas (Halbinsel Santa Elena) überläßt. Diese Stützpunkte verwandeln nicht nur die Unabhängigkeit Ekuadors in eine Farce, sondern setzen den längst eingeleiteten Vorstoß des Dollarimperialismus entlang der pazifischen Küste Südamerikas fort, indem sie zugleich die Einkreisung Kolumbiens vervollständigen und Peru, Bolivien und Chile bedrohen. Dieser Beschluß des ekuadorianischen Abgeordnetenhauses enthüllt ebenfallsden ganzen Umfang des Roosevelt-Verrates an Peru während der Konferenz von Rio de Janeiro.
Der Kriegsminister von Ekuador und die konservativen Kreise versuchten vergeblich, die Annahme des Vertrages zu torpedieren. Präsident Arroyo del Rio sorgte jedoch dafür, daß ein längst bestehender Zustand legalisiert wurde, denn mit seiner geheimen Billigung baut die „Pazific Development Corporation“, eine von Knox ins Leben gerufene Tarngesellschaft unter Leifung des amerikanischen Marineingenieurs Forster, seit Monaten schon an den Befestigungsanlagen auf den Galapagos und in Salinas am Golf von Guayaquil. Unter dem Motto „Sicherung Panamas“ fassen die Vereinigten Staaten hier an einer vitalen Stelle Südamerikas Fuß, urn jederzeit ihren Forderungen an Ekuador, Peru, Bolivien und Kolumbien bewaffneten Nachdruck verleihen zu können und ihren Amazonasplänen in Brasilien bewaffneten Flankenschutz zu geben.
Der Kuhhandel von Rio de Janeiro
Der Entschluß des ekuadorianischen Parlaments stellt den Abschluß einer langen Intrige der nordamerikanischen Gewaltdiplomatie dar. Bekanntlich wurde der Grenzstreit zwischen Peru und Ekuador zum Anlaß genommen, um der Konferenz von Rio de Janeiro den Charakter einer Zusammenkunft „zwecks Lösung eines wichtigen kontinentalen Komplexes“ zu geben. Bis zu Beginn der Konferenz vertraten die Nordamerikaner stets den ekuadorianischen Standpunkt und erhielten dafür von Ekuador die Konzessionen für die Tätigkeit der „Pazifik Development Corporation“. Als jedoch die peruanische Politik Anstalten machte, sich auf der Konferenz dem chilenisch-argentinischen Neutralitätsblock anzuschließen – Außenminister Solf Muro konferierte auf dem Wege nach Rio lange mit der argentinischen Regierung – da sah sich Sumner Welles gezwungen, den Peruanern eine Schlichtung des Grenzstreites in ihrem Sinne zu versprechen wenn sie als Gegenleistung eine vollständige Kooperation im Sinne der USA.-Politik während der Konferenz und den Abbruch der Beziehungen zu den Achsenmächten Durchführten.
Auf diesen glänzenden Betrug Sumner Welles fiel die peruanische Regierung herein. Zwar erhielt Peru beim Schiedsspruch von Rio de Janeiro die Gebiete zugesprochen, die es verlangte, muß aber nunmehr erleben, daß Ekuador erneute Schwierigkeiten bei der Schlichtung des Grenzstreites macht, eben weil die Nordamerikaner als Gegenleistung für die jetzt offiziell gewährten Stützpunkte erneut rückhaltlos die ekuadorianische Ansicht vertreten und die ekuadorianische Intransigenz ermuntern, mit anderen Worten, Peru in unglaublicher Weise betrügen.
Eine unbequeme Frage
In diesem Zusammenhang ist besonders interessant, daß die Frage des Abgeordneten Luna Vapez, nach den Vorteilen, die Ekuador für die Einräumung der Stützpunkte erhalten habe, von allen Kammerabgeordneten als „außergewöhnlich unbequem“ empfunden worden ist.
Der neue südamerikanische Stützpunktskandal beweist also wieder, daß die nordamerikanische Politik gegenüber Südamerika ebenso betrügerisch wie gewalttätig ist und nur ein Ziel kennt, nämlich die völlige Unterjochung des Gesamtkontinents. In fast allen südamerikanischen Ländern sind Gesellschaften, wie die „Pazific Development Corporation“ am Werk. Nur Blinde können also an den Anzeichen der wohlorganisierten schleichenden Aggression des Roosevelt-Imperialismus gegenüber Südamerika vorübergehen. Selbst ein „brüderlicher“ Schlichtungsakt, wie der zwischen Peru und Ekuador erfolgte, wird von Roosevelt dazu benutzt, um ein politisches Geschäft zu machen.
Es bleibt abzuwarten, ob die Südamerikaner nicht allmählich doch einsehen, wie außerordentlich schmutzig die Wäsche ist, die paradoxerweise im „Weißen“ Haus gewaschen wird.
v. mck.