What is said behind closed doors in the U.S. (12-11-43)

Völkischer Beobachter (December 12, 1943)

Durch Zensurversehen in unsere Hände gelangt –
Was man in USA hinter verschlossenen Türen spricht

Drahtbericht unseres Lissaboner Berichterstatters

v. m. Lissabon, 11. Dezember –
Aus begreiflichen Gründen haben es die amerikanischen Nachrichtenagenturen unterlassen, über eine Arbeitstagung des amerikanischen Kriegsministeriums in Fort Belor ausführlich zu berichten, in der Jimmy Byrnes in seiner Eigenschaft als Koordinator der USA.-Kriegsanstrengungen eine vielsagende Ansprache hielt. Aus einer in Lissabon durch ein Versehen der USA.-Zensur eingetroffenen Nummer der Washington Post entnehmen wir die bezeichnendsten Stellen dieser Rede, welcher insofern besondere Bedeutung zukommt, als Byrnes nach Roosevelt zu den mächtigsten Männern in den USA gezählt wird.

Byrnes erklärte den in verfrühten Siegeshoffnungen schwelgenden Amerikanern:

Wir sind heute dem Siege keineswegs näher als etwa die Deutschen im Sommer 1940 oder die Japaner unmittelbar nach Pearl Harbour. Es gibt keine Entschuldigung für die voreilige Annahme, wir würden eine bedingungslose Kapitulation der Achsenmächte erleben. Der Weg nach Berlin und Tokio ist ebenso lang wie hart und blutig. Wir mögen auch noch so viel nach Zwietracht in Deutschland Ausschau halten. Wenn wir ehrlich mit uns sind, müssen wir eingestehen, daß dafür sehr wenig Wahrscheinlichkeit vorhanden ist. Immer und immer wieder beweist das deutsche Volk, daß es sehr gut einstecken kann. Wir dagegen haben nicht einen Beweis dafür, daß unsere Heimatfront stärker und einiger als diejenige unserer Feinde ist. Im Gegenteil, die Zeichen unserer eigenen Zwietracht stärken den Kampfeswillen unserer Gegner.

Der Unterstaatssekretär im USA-Kriegsministerium Patterson zog auf der gleichen Tagung in einer anderen Ansprache entsprechende Schlüsse und sagte:

Ein gefahrenschwangeres Jahr steht uns bevor. Ein Jahr der Siege, aber auch der Niederlagen, und wir wollen und müßten beten, daß erstere überwiegen, weil es ein Jahr schwerer persönlicher Tragedien für viele Amerikaner sein wird.

Man wird zugeben, daß diese Worte, selbstverständlich hinter verschlossenen Türen gesprochen, sehr merklich von den Siegesfanfaren der Bluffkonferenz in Teheran abstechen, eben weil sie in einem sachlichen und nicht agitatorischen Zusammenhang gesprochen wurden und nicht für die Öffentlichkeit bestimmt waren. Sie ermöglichen uns einen kleinen Einblick in die wirkliche Verfassung unserer Feinde und zeigen uns, wie wenig sie selbst an den Erfolg ihrer agitatorischen Beschwörungen glauben, ja sogar schon so weit gehen müssen, von den „Zeichen ihrer eigenen Zwietracht“ zu sprechen, weil sie fühlen, daß ihre Rechnung niemals aufgehen kann.

Interessant ist in diesem Zusammenhang, daß sich immer mehr derartig vorsichtige Stimmen in Amerika zu Wort melden. Auch der bekannte Rundfunk- und Zeitungskommentator Ernest Lindley hat es für nötig gehalten, seine Landsleute zu warnen und auf die Möglichkeit einer „schlagenden deutschen Vergeltung gegen England“ aufmerksam zu machen: So sagte er:

Es würde eine große Dummheit sein wenn wir die Möglichkeit ausschlössen, daß das deutsche Oberkommando irgend etwas Sensationelles im Hintergrund bereit hält.

Auch Raymond Clapper, sonst einer der optimistischsten USA-Journalisten und glühender Unterstützer der Roosevelt-Politik, schlug in seiner Pearl-Harbour-Gedächtnisrede im Rundfunk erheblich sanftere Töne als sonst an und erinnerte die Amerikaner daran, „wie leicht wieder ein so überraschender und atemberaubender Schlag aus heiterem Himmel niedersausen kann,“ und forderte eine raschere Bereitschaft aller Bürger der Vereinigten Staaten.

Kleinlaut für den Hausgebrauch

Die große Sensation der Woche war für Amerika aber die Forderung des früheren republikanischen Präsidentschaftskandidaten Alfred Landon nach einer außenpolitischen Festlegung der Republikaner auf der Linie „keine verstrickenden Allianzen, keine Völkerbundideologie, keine Festlegung auf die Moskau-Charta.“ Der Londoner Daily Express hält dieses Bekenntnis für sehr witzig und bemerkt dazu:

Wenn die Republikanische Partei diese Linie ihres Chefs gutheißt, wird Wendell Willkie in der kommenden Wahl kaum als Kandidat gegen Roosevelt auftreten können.

Andere Beobachter unterstreichen, daß Landon seine Erklärungen ausgerechnet während der Konferenz zwischen Roosevelt, Stalin und Churchill abgab, und sehen in der Wahl dieses Zeitpunktes gröbste Kritik an der amerikanischen Außenpolitik.

Unterschätzt den Gegner nicht! Glaubt nicht an einen billigen Sieg und an einen inneren Zusammenbruch Deutschlands! Achtet auf den deutschen Generalstab. Rechnet mit Niederlagen und betet für Siege, Seid vorsichtig in der Außenpolitik und in den allzu weitgehenden Verpflichtungen gegenüber den Sowjets und den Engländern!

Wie passen alle diese Warnungen, die gewitterartig auf die Yankees niederrauschen, zu jenen todbitteren Nachkriegsplänen, die in Amerika schon zu einem Gesellschaftsspiel geworden sind, weil man so tut, als ob der Sieg schon geborgen sei? Sollte Mister Byrnes recht haben und diese Reden und Warnungen ein Anzeichen der inneren Unsicherheit und Schwäche des USA.-Kolosses sein?