Thirty years of war... The shots of Sarajevo (6-26-44)

Völkischer Beobachter (June 27, 1944)

Dr. Koppen: Dreißig Jahre Krieg…

Die Schüsse von Sarajevo
Von Dr. Wilhelm Koppen

Berlin, 26. Juni –
28. Juni 1914… nach den Manövern in Bosnien besuchte der Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand die Landeshauptstadt an jenem St. Veits-Tag, dessen Gedenken das serbische Volk in einem halben Jahrtausend Türkenherrschaft nie vergessen hat. 1389 war das alte Serbenreich, das einst Zar Stephan Duschon zu großer Macht erhoben, in der Schlacht auf dem Amselfeld untergegangen. 1912 aber hatten die Serben ah gleicher Stätte die Türken geschlagen und damit den Bestand ihres Staates verdoppelt. Nun richtet sich ihr Blick erst recht auf die südslawischen Gebiete der Doppelmonarchie. „Einheit oder Tod“ nennt sich die Offiziersvereinigung unter dem Generalstabsobersten Dimitrijewitsch, der den Verschwörernamen Apis trägt und im Bewusstsein russischer Rückendeckung Serbien in einen Krieg mit dem Habsburgerreich verwickeln will. Die Regierung Paschitsch zaudert im Einvernehmen mit dem Kronprinzen Alexander zunächst, einen solchen Waffengang zu wagen, denn noch ist das Land geschwächt durch die Balkankriege.

Aber Apis hat es im Gefühl, daß der Kanonendonner auf den Schlachtfeldern von 1912 und 1913 die Atmosphäre Europas mit fortwirkender Kraft erschüttert hat. Er will das Eisen schmieden, so lange es warm ist. Und Franz Ferdinand, der den Großserben den Wind aus den Segeln nehmen will, indem er neben die beiden alten Reichshälften als dritten Partner die zusammengefassten südslawischen Bereiche treten lassen möchte, soll nach dem Willen der Belgrader Verschwöret inmitten des Landes fallen, das die Doppelmonarchie 1909 nach über dreißigjähriger Verwaltung sich einverleibte, wodurch sie nationale Hoffnungen vieler Serben so sehr enttäuschte, daß es nahezu zu einem Krieg kam. Aber Mütterchen Rußland war damals noch nicht hinreichend gerüstet. Man mußte also vor den Österreichern, Ungarn und Deutschen zurückweichen. Jetzt treibt Apis Serbien in den Krieg – und damit Europa, das dadurch zu einem einzigen Balkan werden soll.

Eine kleine Gruppe Terroristen, unter ihnen der bosnische Serbe Gavrilo Princip, ist nach Sarajewo gekommen, um das Attentat durchzuführen, bewaffnet, geschult und mit Mitteln versehen durch die Belgrader Drahtzieher. Als der erzherzogliche Wagenzug zum Rathaus fährt, wird eine Bombe geschleudert, die ihr Ziel verfehlt. Bei der Rückfahrt aber fügt es ein Missverständnis, daß der Wagen des Thronfolgers gerade dort seine Geschwindigkeit herabsetzt, wo Princip Aufstellung genommen hat. Seine Schüsse treffen Franz Ferdinand und seine Gattin, die tschechische Gräfin Chotek, tödlich. Das Signal zum Weltbrand ist gegeben.

Die Mitlebenden haben das zumeist auch so empfunden, mochte es auch nach dem ersten tiefen Erschrecken so scheinen, als ob diplomatische Künste den Schatten noch einmal beschwören könnten. Die Kriegspartei in Petersburg wusste indessen, was sie wollte. Die revanchesüchtigen an der Seine, an ihrer Spitze Präsident Poincare, witterten Morgenluft. Als Raynaud Poincare am 20. Juli den Zaren Nikolaus II. in Petersburg besuchte, war man sich durchaus einig, und in London ersehnte nicht zuletzt der 39jährige Marineminister Winston Churchill den Krieg. Man wollte nur einen propagandistisch wirksamen Kriegsgrund abwarten.

In Berlin mochte man freilich noch nicht an den Ernst der Lage glauben. Kaiser Wilhelm II. ging am 5. Juli auf die gewohnte Nordlandreise, nachdem er aus den Vorträgen seiner politischen und militärischen Berater die Auffassung gewonnen hatte, es drohe keine unmittelbare Gefahr. Später hat man aus diesen Berichten einen „Kronrat in Potsdam“ erdichtet, der den Krieg beschlossen haben sollte. Und wer setzte diesen Schwindel in die Welt? Wieder ist es ein Name, der uns vertraut ist: Morgenthau, der Vater des Finanzministers Roosevelts, damals Botschafter in der Türkei. Auf Grund absichtlich falsch verstandener Mitteilungen aus dem Mund des deutschen Botschafters von Wangenheim behauptete er: „Die Verschwörung, die die größte aller menschlichen Tragödien verursacht hatte, wurde vom Kaiser und seiner Rotte bei der Potsdamer Konferenz ausgeheckt.“ Leider war aber das Reich für einen Krieg mit drei Großmächten der Entente nicht hinreichend vorbereitet. Frankreich mit 39 Millionen Einwohnern konnte fast die gleiche Zahl von Streitern ins Feld schicken wie die 67 Millionen Reichsdeutschen und hatte sogar die dreijährige Dienstzeit eingeführt. Rußland aber, mit 25 Milliarden Francs aus dem französischen Sparstrumpf seit seiner Niederlage gegen Japan gewaltig aufgerüstet, und der Kriegsminister Suchomlinow hatten schon im März schwarz auf weiß durch Riesenzahlen belegt und in drohendem Unterton darauf aufmerksam gemacht, welches Gewicht das Zarenreich mit seinen 167 Millionen Einwohnern und seiner wachsenden Rüstungsindustrie in die Waagschale werfen könne.

Denn aus Petersburg kam der eigentliche Anstoß zu diesem Krieg, der Antrieb freilich aus London. Mit panslawistischen und panorthodoxen Parolen hatte man die Balkanvölker und die Slawen, Österreich-Ungarn bearbeitet und betäubt. Bis 1904 hatten die russischen Bestrebungen sich vor allem auf Innerasien und dem Fernen Osten gerichtet. Als aber dort Japans Siege den russischen Tatendrang gelähmt und damit England von einem gefürchteten Rivalen befreit hatten, konnte Eduard VII. durch ein Abkommen über die asiatischen Streitfragen auch das Zarenreich in den Ring um Deutschland einfügen, Nun wurde die „Dampfwalze“ gegen den Westen und Süden die Lieblingsvorstellung der panslawistischen Chauvinisten an der Newa. Unter der Ägide des Zaren war jener Balkanbund zustande gekommen, der die Türkei, den Freund der Mittelmächte, schlug und schwächte, und am 21. Februar 1914 beschloss der russische Ministerrat Richtlinien der Außenpolitik, die den Drang nach den Dardanellen zum obersten Prinzip erhoben.

Das war der maßgebende Hintergrund des Mordes in Sarajewo. Auf dem Wiener Ballhausplatz sah man die lange befürchtete schwarze Wolkenwand aufsteigen, die der Doppelmonarchie Verderben ankündigte. Wollte man sich nicht widerstandslos durch den schon aufzüngelnden Steppenbrand aus dem Osten versengen lassen, so mußte man ein Gegenfeuer entzünden. So kam es zu dem Ultimatum an Serbien am 23. Juli, das in Berlin nicht ohne Bedenken aufgenommen wurde.

Wir wollen es uns versagen, mit der Stoppuhr den Ablauf der Dinge bis zum 2. August, dem ersten Kriegstage zu verfolgen, und können uns auf die Feststellung beschränken, daß zunächst noch versucht wurde, den serbischen Konflikt örtlich zu begrenzen, daß die Russen dies Bemühen durch einen massiven Aufmarsch durchkreuzten und so. schließlich auch Berlin zum Handeln zwangen. Wie sich die Dinge entwickelt hatten, fasste in großen Zügen ein Memorandum zusammen, das Reichskanzler Bethmann-Hollweg am 31. Juli dem Botschafter Lichnowsky zur Bekanntgabe an die englische Regierung übermittelte und das Englands Vermittlung erbat. König Georg V. hat es seinem Botschafter in Petersburg, Buchanan, zugeleitet, um es dem Zaren zu übermitteln. Es wurde zugleich dafür gesorgt, daß es der Zar erst in der Nacht zum 2. August erhielt, als schon alles entschieden war!

Dieser Ablauf der Dinge konnte niemand überraschen, der auf den geschichtlichen Ursprung des Krieges blickte und damit erkannte, daß sein Ausbruch der Entente sehr gelegen kam und von ihr schon längst betrieben worden war. Mochte ein Bethmann-Hollweg den Kopf verlieren, aus rein formaljuristischen Gründen noch das Odium der Kriegserklärungen an Rußland und Frankreich auf sich nehmen und darüber bestürzt sein, daß England seinen Platz in der Front gegen das Reich bezog, so bewies das nur, daß Deutschland unter einer schwachen und ideenlosen Führung in das schwere Ringen hineinging. Es änderte nichts an der Tatsache, daß sein in früheren Krisen so oft bewährter Friedenswillen, der Europa abseits des Balkans 43 Jahre vor bewaffneten Konflikten geschützt hatte, ihm den bitteren Zwang zum Kampf nicht ersparen konnte.

Für die Umwelt war nicht einmal so sehr 1871 das Stichjahr bei der Einstellung zum Reich, sondern 1648, der Zeitpunkt des Westfälischen Friedens, der die Schwäche des deutschen Raums zum tragenden Element des europäischen Zustandes gemacht hatte. In der französischen Schau war dies die ideale Lösung gewesen: das Kaisertum nur eine Scheinmacht, seine Habsburger Träger mehr und mehr auf das Wohl ihrer Erblande bedacht, durch Fürstenbündnisse unter Pariser Patronanz zurückgespielt. Noch nach 1815 sah man im lockergefügten Deutschen Bund das alte Unheil nachwirken: die Dreiteilung in Preußen, Österreich und die eifersüchtig auf ihr Sonderwesen bedachten Mittelstaaten, jenes Weiterleben der „Rheinbund-Velleitäten,“ dass Bismarck zornig beklagte. Nach 1871 setzte man seine Hoffnung auf die Parteizerrissenheit und den immer noch lebendigen Partikularismus. England hatte schon nach Napoleons I. Niederlage alle Hebel in Bewegung gesetzt, um mindestens ein französisch-deutsches Gleichgewicht zu erhalten und folglich die Errichtung eines neuen festen Reichsbaues zu verhindern. 1848 hatte Palmerston von einer deutschen „Piratenflagge“ gesprochen, als sich die Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche für die Bildung einer Reichsmarine aussprach. London hatte sich 1864 hinter Dänemark gestellt, um das deutsche Schleswig-Holstein in der Hand eines von England abhängigen Kleinstaates zu lassen. Der Sieg Preußens von 1866 war ihm so unwillkommen wie die kleindeutsche Reichsgründung im Spiegelsaal von Versailles. Zunächst daran interessiert, daß der ihm lästige Napoleon III. geschlagen wurde, hatte es für Frankreich Partei genommen, als dessen Niederlage die deutsche Schlüsselstellung auf dem Kontinent wieder herstellte.

Man braucht nur die unverschämten Schilderungen deutschen Lebens nachzulesen, die sich ein Thackeray in Vanity Fair leistet, um darin all das wiederzufinden, was der Durchschnittsbrite jener Zeit von Deutschland hielt: ein ironisch belächeltes Krähwinkelidyll, arm, machtlos, politisch bewegungsunfähig, aber ein Land der Dichter und Denker, der kümmerlichen Spießer und armseligen Hungerleider. Alles andere sahen die Pfundprotzen nicht. Ließen sich Deutsche einfallen, aus dieser Lage herauszustreben, so war das eine Rebellion gegen das auserwählte Volk auf der Insel, eine Aggression, die Strafe herausforderte. 1871 war demgemäß in englischen Augen eine Ketzerei, die den Bannstrahl verdiente.

Je mehr sich das Bismarck-Reich festigte und wirtschaftlich aufstieg, und sich auch nicht dazu hergab, sich als Degen Englands missbrauchen zu lassen, desto missgünstiger wurde die Haltung der Briten und führte schließlich zur Politik Eduards des Einkreisers, mit der Tendenz, Deutschland entweder politisch unbeweglich zu machen und der britischen Führung zu unterwerfen – oder zum Krieg zu zwingen. Die geschilderte russische Entwicklung wurde diesem Bestreben ebenso dienstbar gemacht, wie 1939 der polnische Größenwahn als die Lunte benutzt wurde, um die Sprengladung gegen das Großdeutsche Reich zu entzünden.

67 Millionen fleißige, aufstrebende und wehrhafte Deutsche waren London ein Dorn im Auge – nicht der „Kaiserismus,“ der damals für die Agitatoren an der Themse die gleiche Rolle des Blickfangs spielte wie heute der „Nazismus.“ Damals noch im Vollbesitz seiner Macht und seines Reichtums, glaubte das England von 1914 die Partie gegen den „Emporkömmling“ in der Mitte Europas leicht und schnell gewinnen zu können. Es ist aber nur atemlos und ausgepumpt ans Ziel gelangt, da bis in die letzte Runde der Kampf unentschieden blieb und nur infolge der Führungslosigkeit im Reich gewonnen werden konnte, als es auf die äußerste Nervenprobe ankam. Deutschland hatte sich selbst geschlagen, weil einem Volk, das sich tapfer und opferwillig eingesetzt hatte, nicht vor Augen geführt wurde, worum es in dieser Bewährungsprobe ging, und daß es Träger eines hohen Eigenwertes war, dessen Verlust drohte, wenn es in die Hand seiner Feinde geriet. So gewöhnten sich Deutsche daran, ihr Ohr den Einflüsterungen eines Wilson zu leihen, anstatt der Stimme ihres Gewissens und der Pflicht gegenüber ihrem Volk zu folgen.

Am 28. Juni 1914 hatten die Schüsse von Sarajewo den Krieg verkündet – am 28. Juni 1919 wurde in Versailles jenes Diktat unterzeichnet, das den Krieg mit anderen Mitteln fortsetzte und für Europa zwei Jahrzehnte steter Unrast heraufführte. Dem ersten Weltkrieg, der 10 Millionen Kämpfer hingerafft hatte – ungerechnet die Opfer der britischen Hungerblockade – folgte ein heimtückischer Nachkrieg mit Besetzungsnöten und Separatistenumtrieben am Rhein, mit Ruhreinbruch und Tributauspressung, mit dauernder Teilung Europas in Sieger und Besiegte, Demütigungen aller Art, Wirtschaftskrisen ohne Ende und hassvoller Drangsalierung von Millionen Deutschen unter Fremdherrschaft. Es war eine harte Schule, in der das deutsche Volk auskosten mußte, was eine schwache Stunde im Leben einer großen Nation zu bedeuten hat!

Es hat diese bittere Lehre in sich aufgenommen und schließlich auch danach gehandelt. Als es dann der Führer im Gefühl höchster geschichtlicher Verantwortung unternahm, den Fluch von Versailles zu beschwören, als er den Schuldigen von 1914 und 1919 die Hand bot, um gemeinsam ein glückliches Europa zu schaffen, schlug ihm Haß und Hohn entgegen. Alle Mächte der Verneinung enthüllten ihr Antlitz. Sie wollten keine Zusammenarbeit, sondern Vernichtung des deutschen Volkes wie zwanzig Jahre zuvor – nur noch gründlicher, abgefeimter und schamloser, um eines lästigen Wettbewerbers ledig zu werden, dessen bezwingende soziale Ideen und Taten sie zudem peinlich daran mahnten, was sie den eigenen Völkern schuldig blieben. Wo die Kriegsfackel noch nicht loderte, da blies das Judentum in die Flamme, um sie zum weltverzehrenden Brand zu entfachen.

Wir machen uns gewiss keiner Übertreibung schuldig, wenn wir heute feststellen, daß dreißig Jahre Krieg hinter uns liegen. Daß nur der deutsche Sieg in diesem Ringen einen wahren Frieden heraufführen kann, lehren die unsauberen Nachkriegsphantasien im Feindlager, über die wir oft berichtet haben und die verraten, daß deren Urheber, kämen sie in die Lage dazu, diesmal noch weniger fähig wären, der Welt Frieden zu schenken wie 1919. Geben sie das nicht selbst zu, wenn sie fortwährend von einem dritten Weltkrieg reden, auf den sich die Yankees schon offen einrichten und er aus ganz Europa eine einzige Normandie oder ein Schlachthaus der GPU machen würde?

Wir haben es in der Hand, dieses Unheil zu verhindern und uns und den Völkern des Kontinents einen Frieden zu erkämpfen, der diesen Namen verdient und allen ermöglicht, nicht nur die Wunden dieses Krieges zu heilen, sondern auch der anglo-amerikanischen und bolschewistischen Aggression endgültig ein Ziel zu setzen, die die Freiheit und Blüte Europas bedroht. In allen Wechselfällen dieses harten Ringens steht uns unverrückbar die Gewissheit vor Augen, daß an seinem Ende erfüllt sein wird, was auch den höchsten Einsatz und jedes erdenkliche Opfer rechtfertigt: ein ehrlicher Frieden in Arbeit, Sicherheit und wahrer Gemeinschaft, in der jedes Volk des Abendlandes seine Leistung gerecht und reich belohnt finden wird. In diesem Bewusstsein fechten wir den letzten schweren Gang des Kampfes aus, dessen Beginn eine Welt zum Einsturz brachten. Und wir wissen: Wir werden eine neue und bessere Weltbauen, wenn die Stürme des Krieges schweigen und der deutsche Sieg einer höheren Sittlichkeit zum Durchbruch verholfen und die Mächte der Finsternis gebannt hat.

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