The British Empire as a U.S. sanctuary (3-9-43)

Völkischer Beobachter (March 9, 1943)

Roosevelt präsentiert die Gegenrechnung –
Das britische Empire als USA.-Schutzgebiet

Die im Kriegsgeschäft investierten Milliarden sollen in Macht verwandelt werden

vb. Wien, 8. März –
„Als eine Straße mit wechselseitigem Vermehr,“ denkt sich der amerikanische Senator Millard Tydings die Pacht- und Leihhilfe der USA. Auf der einen Seite der Straße fahren die Amerikaner mit ihren Transporten, die nicht immer das Ziel erreichen, auf der anderen Seite fahren – auch die Amerikaner, nämlich zu den Stützpunkten des britischen Empire, von denen nach einer Erklärung des amerikanischen Marineministers Knox jetzt schon 225 in allen Teilen der Welt für Amerika ausgebaut werden sollen. Sie kommen ziemlich sicher an. Wenn also der Senator meint, das Pacht- und Leihverfahren solle keine „Einbahnstraße“ sein, auf der lediglich die USA. liefern, so wird man mittlerweile in England wohl verstanden haben, wie sich der zweigleisige Verkehr mit den Vereinigten Staaten abspielt.

Amerika liefert, wie Millard Tydings auseinandersetzt, Schiffe, Flugzeuge, Panzer, Geschütze, Munition, Kleidung und Lebensmittel „als Geschenk“ für seine Bundesgenossen. Als einzige „Gegengabe“ erwartet Washington von seinen Bundesgenossen in der alten Welt „eine Reihe von Leistungen für die USA.-Truppen auf ausländischem Boden.“ Weniger taktvoll ausgedrückt heißen diese Leistungen: Stützpunkte, Basen und Interessengebiete für die USA., wie etwa Britisch-Westindien, das, wie jetzt schon erklärt wird, nie wieder an Großbritannien zurückfallen wird, während die Stützpunkte in Südamerika nur für Kriegsdauer gedacht seien, weil die amerikanische Regierung selbstverständlich damit rechnet, nach dem Krieg „die beiden Amerika“ ohnehin zu beherrschen.

Geschenke und Gegengaben

In Zahlen gesprochen, handelt es sich um 63 Milliarden Dollar, die Roosevelt bisher in das Geschäft gesteckt hat. 9 Milliarden Dollar davon sind ausgegeben. Der Senator Tydings findet, daß die Vereinigten Staaten so viel Geld nicht flüssig hätten, sondern von den künftigen Generationen borgen müßten. Da gleichzeitig auch amerikanische Truppen kämpften, erhebe sich die Frage:

Was kann ein Bundesgenosse der USA., der all diese Geschenke erhält, ohne selbst ernsthaften Schaden zu leiden, als Gegengabe geben, um dadurch die Sicherheit der USA. zu erhöhen?

Die Antwort liegt auf der Hand. Stützpunkte, Einflußgebiete und noch einmal Stützpunkte, wie sie England für das Geschenk der 50 alten Zerstörer schon gegeben hat.

Der amerikanische Senator erspart sich nicht den bösartigen Scherz, den britischen Premierminister daran zu erinnern, daß er dieses Verfahren ja selbst als „den edelmütigsten Akt, der je von einer Regierung in der Geschichte der Welt unternommen wurde,“ bezeichnet habe.

Wenn das wahr ist – und es ist wahr – warum macht dann Großbritannien nicht die kleine Geste, den USA. als kleine Kompensation diese Basen zu überlassen, und zwar nicht als Pachtland auf 99 Jahre, sondern als eigenen. Grund und Boden der Vereinigten Staaten?

Also für Zeit und Ewigkeit. Man könne damit auch nicht bis nach dem Kriege warten: Weil Amerika jetzt schon Sicherheit gewährt, will es auch jetzt schon Sicherheiten haben.

Das Pacht- und Leihgesetz allein bedeutet eine Belastung von 1800 Dollar für jede Familie in den USA. Das ist in Anbetracht der sonstigen Schulden gewiß nicht wenig.

Ist diese Rechnung klar? Man sollte es meinen. Die Amerikaner wollen Sachwerte und verlangen deshalb den Ausverkauf des britischen Empire. Dagegen aber hat sich Churchill schon in seiner Rede bei der Einführung des Londoner Lordmajors gewehrt mit der brüsken Erklärung:

Wir behalten, was wir haben.

Außerdem hat erst in diesen Tagen der britische Kolonialminister Stanley der amerikanischen Auffassung über Basen und Stützpunkte und Kolonien die englische Meinung gegenübergestellt. Ihm sei es gleich, sagte er, wie die Amerikaner darüber dächten, wichtig sei allein, daß die Engländer ihre alten Auffassungen vom britischen Empire und seinem Besitz nicht preisgeben. Hier steht also Meinung gegen Meinung. Tydings, der zweifellos die Forderungen des Weißen Hauses zum Ausdruck bringt, sieht sich einstweilen noch durch eine breite und tiefe Kluft von den englischen Auffassungen getrennt. Das macht ihm aber wenig Kopfschmerzen, denn die Amerikaner haben ihre Danaergeschenke den Engländern schon längst überbracht.

Das trojanische Pferd steht riesengroß im britischen Empire, und die Bewaffneten, die es in seinem Leibe barg, haben eine große Anzahl der wichtigsten Punkte schon besetzt und rücken in allen Dominions und wichtigsten Kolonien weiter vor.

Wer wollte sie auch daran hindern? Sie sind ausgezogen zum Schutz der Engländer und schützen sich selbst, indem sie mehr und mehr das Empire zu einem amerikanischen Schutzgebiet machen.