Rosenberg: Worldview and political fanaticism (9-17-44)

Völkischer Beobachter (September 17, 1944)

Weltanschauung und politischer Fanatismus

Von Alfred Rosenberg

Wie in der alten Kampfzeit, so wird Alfred Rosenberg auch jetzt im VB in zwangloser Folge zu den auftretenden Problemen unseres heutigen Ringens Stellung nehmen.

In Zeiten entscheidender politischer Kämpfe und Kriege rufen die Völker und Heere stets auch die letzten Gefühle zum Widerstand auf und setzen alle Energien des Willens für die Erreichung des Sieges ihrer Sache ein. In Art und Form dieser leidenschaftlichen Äußerungen einer Daseinsbehauptung zeigen Völker und Weltanschauungen ihre Verschiedenartigkeit, aber auch in der Dauerhaftigkeit dieser Ausbrüche weichen sie oft voneinander ab. Wir kennen die leidenschaftlichen Ausrufe etwa der Franzosen, die in mancher Aufwallung ihres Willens echte Leistungen, aber auch gänzlich unbeherrschte Taten vollführten, über die sie in ruhigeren Stunden meist kopfschüttelnd geurteilt haben. Wir kennen den stumpfen, aber zähen, in der unmittelbaren Tat hemmungslosen Fanatismus des einen oder andern Volkes im Osten, und wir wissen, daß auch die deutsche Nation in entscheidenden Kämpfen eine bestimmte Art eines aufwallenden Willens besitzt. Jene unmittelbar kalten Hassgefühle, die man aus England herübertönen hörte, sind dem deutschen Charakter ebenso fremd wie die wortlose fortlaufende Grausamkeit. Die oft vorhandene Abwehr aber, in einem großen militärischen Kampf die Leidenschaften eines starken Fanatismus aufzurufen, ist manchesmal eine Schwäche auch im politischen Selbstbehauptungswillen der deutschen Nation gewesen. Eine große Auseinandersetzung wurde oft militärisch als eine große, doch durch ritterliche Kampfregeln bedingte Kraftprobe betrachtet. Eine solche Haltung machte das Deutschland von 1914 bis 1918 geistig und willensmäßig unfähig, der ganzen aggressiven Polemik fremder Hetzer im Lande selbst und dem hemmungslosen verleumderischen Wirken der äußeren Gegner wirksam entgegenzutreten. Es ist kein Zweifel, daß diese den deutschen Menschen ehrende Charakterhaltung auch im jetzigen Krieg anfänglich durchaus in Erscheinung trat. Erst das zynische Bombardement unserer Städte und Dörfer hat in der deutschen Nation ein Gefühl wachgerufen, das bei anderen Völkern oft bei Geringfügigkeiten aufwallte. Der Haß, der in der deutschen Nation in diesen Jahren gewachsen ist, ist deshalb auch kein prasselndes kurzes Feuer, sondern ist zu einem tiefen, dauerhaften Gefühl geworden. Die Achtung, die man einem gleichwertigen Gegner gegenüber noch haben kann, ist immer mehr verlorengegangen, um dem Gefühl einer Verachtung der Terrorkriegführung Platz zu machen.

Mit dieser emporwachsenden willen haften Verneinung demokratisch-bolschewistischer Kriegführung paart sich aber in steigendem Maße eine tiefe weltanschauliche Überzeugung. Nicht in dem Sinne, daß nunmehr viele Millionen, welche die Konsequenzen der nationalsozialistischen Idee nicht voll überblickten, nun diese wissensmäßig ganz erfaßt hätten, wohl aber in dem Sinne, daß die innere Notwendigkeit des Aufeinanderprallens zweier Welten immer tiefer begriffen wird. Der Nationalsozialismus ist als eine das deutsche Volk und Reich rettende Idee in Erscheinung getreten und hat durch seinen vierzehnjährigen Kampf und die Machtübernahme durch den Führer dieses Deutsche Reich vor einem sonst nicht aufzuhaltenden Zusammenbruch gerettet. In seiner ganzen Formung gab der Nationalsozialismus Antwort auf die soziale Frage, die seit über hundert Jahren alle Völker Europas leidenschaftlich beschäftigt, tat es aber in einer Art, die sich vor allen Dingen aus der deutschen Geschichte und dem deutschen Charakter herausgebildet hatte, ohne eine Propaganda für diese deutsche Lösung des sozialen und nationalen Problems bei anderen Völkern mit ihrer anderen Wesensart und Überlieferung einzuleiten. Es konnte aber nichtsdestoweniger nicht ausbleiben, daß diese deutsche Wiedergeburt, die durch Säuberung des Blutes und eine harte Entschlossenheit der sozialen Gerechtigkeit die Bahn geschlagen hatte, überall dort Feindschaft zeitigte, wo man in der wirklichen Lösung dieses Problems entweder aus ausbeuterischen Geschäftsinteressen oder aus biologischem Vernichtungswillen alles Wertvollen eine Gefahr für die eigene Existenz erblickte.

Die Gefährdung der großen Weltausbeutung ist der ursprüngliche Antrieb dieses neuen Weltkrieges gegen Deutschland gewesen, und wie eine solche Unsauberkeit die Voraussetzung des politischen und militärischen Handelns war, so sind auch alle Gefühlsausbrüche der von diesen Menschen kontrollierten Agitationsorgane diesem Charakter in überwiegender Weise gemäß gewesen. Es ist der wutverzerrte Haß jener, die durch alle ehrlich gemeinten Versuche, die soziale Gerechtigkeit zum Sieg zu führen, hindurchgekommen waren und bisher die feste Hoffnung haben durften, auch alle weiteren Bemühungen unschädlich und die Führer einer sozialen Erneuerung, wenn nicht sich ganz willfährig zu machen, so doch in einer radikalen marxistischen Opposition zu sehen, die zum mindesten das Wesentliche: die Sauberkeit und Erneuerung eines blut- und artbedingten Charakters auszuschalten sich bemühte.

Hier liegt der Punkt, warum so mancher Börsenherr die marxistische Bewegung förderte, um eine sonst doch nicht zu umgehende Opposition in ein Flussbett zu leiten, daß weniger gefährlich erschien als eine prinzipielle Abkehr von der gesamten, durch die materialistisch-kapitalistische Idee bedingten Weltanschauung im 19. Jahrhundert. Diesen Antrieb des Hasses und des Fanatismus auf der gegnerischen Seite müssen wir stets im Auge behalten, selbst dann, wenn er bei dem einen oder anderen Feind nicht immer so bemerkbar werden sollte. Und unsere Antwort des Gefühls und des Willens wird im steigenden Maße darin liegen, im vollen Bewusstsein dieses allgemeinen Vernichtungswillens nicht nur eine zeitweilige Aufwallung eines Hasses diesen Gegnern des Reiches entgegenzustellen, sondern einen Fanatismus, der tief politisch-weltanschaulich begründet ist in der Überzeugung, daß Deutschland heute – von allen Menschlichkeiten abgesehen – um die letzte Formung und Erfüllung einer tausendjährigen Geschichte, einer tausendjährigen Reichsidee kämpft, um seine für die heutige und die kommende Epoche gültige Prägung bis zum letzten zu verteidigen.

Wenn die gegnerische Presse in einigen sachlichen Äußerungen mancher Militärschriftsteller nicht umhinkann, anzuerkennen, mit welcher letzten Hingabe gerade unsere Jugend heute das Reich Adolf Hitlers verteidigt, dann ist das für uns ein Beispiel, daß diese Jugend, unbeschwerter durch manche den einen oder anderen drückende Tradition, diese Aufgabe und Sendung ihrer Zeit zutiefst verstanden hat. Sie hat verstanden, daß sie mit diesem Reichen sich selbst und ihre Zukunft verteidigt, und sie hat weiter mit dem durch den Nationalsozialismus geschärften Blick in die Vergangenheit begriffen, daß diese Zukunft zugleich als Erbe dieser großen Vergangenheit eine doppelte Verpflichtung bedeutet. Es geht in diesem Ringen also nicht nur um politische Formen und auch nicht nur um einen gesicherten Lebensraum, sondern es geht um die seelische, biologische und geschichtliche Existenz der deutschen Nation überhaupt, und erst die Erkenntnis der Einheit dieses gesamten Ringens hat heute dem deutschen Volke jene innere Haltung – man möchte beinahe sagen: Unbekümmertheit – gegeben, die es auch in den Zeiten schwerer politischer und militärischer Krisen kennzeichnet, wie kaum ein anderes Geschlecht in ähnlicher Weise gekennzeichnet worden ist.

Die Aufgabe der nationalsozialistischen Bewegung wird darin bestehen müssen, ihr Gefühl, Willen und Einsicht zu einer immer festeren Einheit zu formen im vollen Bewusstsein, daß dann der deutsche Fanatismus der Verteidigung und der Fanatismus eines Angriffs so dauerhaft gegründet ist, daß er nie mehr verfliegt, sondern durchhält bis zu dem Ende, das die Sicherheit des Großdeutschen Reiches für immer gewährleistet. Es wäre also angesichts dieser ganzen Lage oberflächlich, wenn eine Form des Fanatismus gelehrt werden würde, die diese Einheit nicht sieht oder gar die Mittel, diese Einheit herzustellen, als nebensächlich bewertet. Die deutsche Nation in ihrer heutigen geschichtlichen Erfahrung und mit ihrem schweren Erlebnis vom ersten Weltkrieg her, ist nicht ein Objekt für ein kurzes Feuerwerk des Hasses, sondern sie ist groß und reif geworden für jenen tiefen weltanschaulich und willen Haft begründeten Fanatismus, der sie auch in manchen früheren Zeiten befähigte, die großen geistigen Auseinandersetzungen des Kontinents zu führen. Dieser Fanatismus war nicht immer in militärischer Form gebunden, aber immer von der großen Überzeugung der Notwendigkeit des Tragens eines großen Schicksals bedingt und damit von einer Tiefe aus gespeist, wie keine anderen Bewegungen auf dem europäischen Kontinent.

Gerade in der heutigen Zeit haben wir uns dieser Eigenart und damit auch dieser einzigartigen Kraft bewusst zu sein, die sich unterscheidet von den Äußerungen des Fanatismus im Westen und im Osten und die in der Zeit des Durchbruchs einer neuen Weltanschauung in besonders starker Form das heutige Leben und den ganzen heutigen Widerstandswillen zu bestimmen vermag. Fanatismus, begriffen als die durch Leidenschaft zusammengeschmolzene Einheit einer instinktiven und bewussten Selbstbehauptung, als Einheit von Weltanschauung, Reichsgedanken und unbeugsamer militärischer Aktivität, das ist jene Form, mit der heute der deutsche Lebenswille allen Gegnern gegenüber in Erscheinung tritt. Gerade in diesen Zeiten schwerer Prüfungen muß sich diese Einheit, noch einmal neu gestaltet in der nationalsozialistischen Bewegung, als tragende Kraft der ganzen Nation formen. Erst dieses große Bewusstsein mag auch manches Einzelschicksal noch verklären, für das gesamte Volk in seinem Zukunftswillen aber wird die im Kampf gewonnene Haltung mit entscheidend sein, auch die weiteren Spannungen des politisch-militärischen Lebens zu überstehen und dem Deutschen Reich die für das Leben des deutschen Volkes notwendige Stellung allen Gewalten zum Trotz zu erringen.