Heldenhafte Bespiele aus der Schlacht um Sizilien –
Zäher Kampf gegen die Übermacht
pk. Catania, 17. Juli –
Die fünfte der flammenden spukhaften Nächte unseres sizilianischen Sommers ist vorüber – die fünfte seit der ersten Landung des Feindes. In täglich gleich starker Helligkeit und Hitze steigt die Sonne heute wieder über das Meer, das genau zu unseren Füßen an den Lavafels brandet. Tausendmal haben wir in diesen Tagen auf das sich gleichbleibende Meer hinausgeschaut, hinter dessen dunstiger Kimm wir den Feind wissen, seine Geschwader an Kriegsschiffen, Transportern und Landungsbooten. Hin und wieder lief er auch am Tage so nahe an die Küste heran, daß die großen Frachter mit bloßem Auge gut zu erkennen waren. Mit dem sinkenden Tag aber näherte er sich mehr und mehr, und seine Absicht für die kommende Nacht wurde deutlicher erkennbar. Einmal schlugen auf der Höhe von Syrakus Funkenbündel und Flammen empor, die selbst im grellen Schein der Tagessonne weithin sichtbar waren: ein Munitionsdampfer der Briten war von einer deutschen Bombe getroffen worden.
Zweitausend Schiffe aller Art sind nach den Angaben der Engländer und Amerikaner an dem Unternehmen gegen Sizilien beteiligt, von Panzerschiffen und Flugzeugträgern, Kreuzern und Transportern bis zu den zahlreichen Panzerlandungsbooten und Sturmbooten. Daraus geht der ungeheure Einsatz des Gegners hervor, der vieles auf diese Karte setzt, um sich eines der Tore nach Europa zu öffnen. Daran mag man aber auch erkennen, wie hart und schwer die Abwehrkämpfe der deutschen und italienischen Einheiten auf Sizilien sind. Spähwagen, Panzer, schwere Waffen warf der Feind an Land, Fallschirmjäger und Luftlandetruppen wurden an verschiedenen Stellen abgesetzt, stärkster Einsatz der gegnerischen Luftwaffe versucht, mit viermotorigen Bombern, mit Zerstörern und Jägern, um den von See kommenden Truppen den Weg zu bereiten und die Nachschub- und Verkehrswege der Verteidiger in den Bergen zu stören – ohne allerdings deren verbissenen Abwehrwillen erschüttern zu können. Unermüdlich greift unsere Luftwaffe mit kleinen und großen Verbänden in blitzschnellem Überfall die Schiffe, die Panzer und Kraftfahrzeuge der Eindringlinge mit guten Erfolgen an.
Frontverkürzung steigert Widerstandskraft
Nach erfolgreichen Vorstößen und einem zeitweiligen Zurückdrängen des Gegners besonders im Raum von Gela mußten die deutsch-italienischen Linien vor der feindlichen Übermacht in erbitterten Kämpfen um ein Stück zurückgenommen werden, um durch Frontverkürzung die Widerstandskraft zu erhöhen. An Stellen neuer Landungen wurden in blitzartig schnellem Entschluß dem Gegner deutsche, schnell herangeführte Reserven als Riegel vorgesetzt. Nach Aufreibung größerer britischer und amerikanischer Fallschirmeinheiten antworteten die Alliierten darauf mit erneutem Absetzen von Truppen aus der Luft.
Nur nach und nach, oft durch Zufall, erfährt man einige der zahlreichen Beispiele von über jedes Lob erhabener Tapferkeit oft kleiner und kleinster Gruppen, wie hier ein Flugplatz schließlich nur noch von 30 Mann Luftnachrichtentruppen gegen Panzer und Infanterie verteidigt wurde, wie eine Flakbatterie mit 20.000 Schuß ihrer leichten Waffen einen Fallschirmverband der Amerikaner vernichtete, wie sich weit an die Küste vorgeschobene Posten, Trupps und Spezialeinheiten durchschlugen und die deutschen Panzer in den knappen Räumen zwischen Bergen und Küstenebene den Gegner ansprangen. Mit dem mächtigen Kegelmassiv des Ätna im Rücken, liegt unsere Front nach Süden und Südosten gerichtet. Aber Front ist im weiteren Sinn längst die ganze Insel. Kämpfe zwischen deutsch-italienischen und feindlichen Jägern fegen dröhnend dicht über die Dächer der Häuser, und hart peitschen die Geschoßgarben aus den feindlichen Bordwaffen gegen die Mauern.
So wird auch der heutige Tag im schnellen Pulsschlag erregender Geschehnisse vergehen, der Tag, dem eine Nacht voranging, pauselos angefüllt mit dem schweren Dröhnen der Schiffsgeschütze und dem Zucken von Einschlägen der Granaten und Bomben, eine Nacht, zu deren Grundton das ständige Summen der Flugmotoren gehörte, in der die Flak mit heller und rauher Stimme über Land und Meer schrie, in der die leichten Waffen mit roter und Weißer Leuchtspur in flachstem Winkel schossen und dadurch schon erkennen ließen, daß Feindflugzeuge in geringer Höhe im Anmarsch waren und Fallschirmjäger absetzen wollten, in der die Stoßtrupps aller Waffengattungen vorgingen und das unübersichtliche Gelände durchkämmten, in der rote Brände von Feindschiffen auf See leuchteten und überall Trauben von Leuchtschirmen über Land und Meer standen. Fenster und Türen der Häuser an der Küste springen auch jetzt wieder auf unter dem Schüttern der Luft von Artillerie und Bomben… Sizilien kämpft seinen harten Kampf für Europa!
Kriegsberichter Markus-Joachim Tiddick