Völkischer Beobachter (September 1, 1944)
G.T.: US-Kuriositäten
Lissabon, 31. August –
Der Schreibtisch Roosevelts, hieß es vor kurzem in einer Meldung, sollte um eine neue Kuriosität bereichert werden: Um einen Brieföffner aus dem Unterarm eines im Pazifik gefallenen japanischen Soldaten, den ein Abgeordneter des Repräsentantenhauses eigens für den Präsidenten habe anfertigen lassen. Als ich das las, dachte ich an den Sommertag 1939, an dem ich zum ersten (und letzten) Male vor Roosevelts Schreibtisch stand.
Ich war einer der ausländischen Korrespondenten, die Roosevelt an jedem Dienstag und Freitag empfängt; an diesem Dienstag waren weit über hundert gekommen, denn die Kriegswolkestürmten sich schon am Horizont. Im weißen Hemd mit offenem Kragen, im Drehsessel zurückgelehnt, mit der Zigarrenspitze spielend, empfing uns Roosevelt mit einem „Hallo, Boys,“ während die „Boys,“ von denen einige weiße Haare hatten, „guten Morgen Herr Präsident,“ antworteten.
Ich stand dicht neben dem kleinen Tisch des Sekretärs, der die an den Präsidenten gestellten Fragen und seine Antworten mitstenographierte. Manche dieser Fragen waren ganz augenscheinlich vorher vereinbart worden und gaben Roosevelt Gelegenheit zu vagen Andeutungen und doppeldeutigen Geistesblitzen, die binnen einer Stunde über sämtliche Ferndrucker laufen würden. Nicht vereinbarte Fragen wurden entweder geflissentlich überhört oder mit einem Witz pariert oder ausweichend beantwortet.
Von der Eitelkeit dieses Mannes zeigte die Unmenge Kuriositäten auf der Schreibtischplatte, mit denen er hin und wieder herumspielte. Was es da nicht alles gab! Füllfederhalter mit kleinen, goldenen Schildern, die verzeichneten, wann der Präsident mit dem betreffenden Halter dieses oder jenes Dokument unterzeichnet hatte; riesige Buntstifte, mit denen er seine (von anderen ausgearbeiteten) Reden mit Randbemerkungen zu versehen pflegte; Briefbeschwerer aller Art, Modelle von Kriegsschiffen und Flugzeugen, Granatfetzen, Kugeln und Kügelchen und viele andere, mehr oder minder sonderbare Dinge. Und dann die Esel! Dutzende von Eseln, Esel aller Größen, kleine, große und winzige, aus allen möglichen Metallen, Stein- und Holzarten (der Esel ist bezeichnenderweise das Wahrzeichen der Demokratischen Partei).
An diesen überladenen Schreibtisch mußte ich denken, als ich jetzt von der Leichenschändung an dem japanischen Soldaten las. Ein Gedanke drängte sich dabei auf. Man stelle sich vor, ein deutscher Soldat fertige in müßigen Stunden einen Aschenbecher aus der Schädelhöhle eines gefallenen Nordamerikaners an. Gewiss, es ist schwer, sich auszumalen, daß ein deutscher Soldat solcher Leichenschändung fähig wäre. Es ist sogar unmöglich. Sehr leicht dagegen ist es, sich vorzustellen, wie die amerikanische Presse in einem solchen Fall toben würde. Was aber sagte die amerikanische Presse zu dieser Leichenschändung? Ein Teil fand sie originell. Ein Teil schwieg verlegen. Das sind die Apostel der Menschlichkeit, der von Roosevelt ganz persönlich erfundenen vier Freiheiten – die Freiheit der Leichenschändung nicht eingerechnet.