Election 1944: The candidate of Wall Street (7-28-44)

Völkischer Beobachter (July 29, 1944)

Der Kandidat der Wall Street

v. m. Lissabon, 28. Juli –
In der Ernennung des konservativen Senators Truman zum demokratischen Kandidaten für die Vizepräsidentschaft der USA und der damit erfolgten Abhalfterung des bisherigen demokratischen Vizepräsidenten Wallace spiegelt sich wieder einmal jene Politik wider, die Roosevelt durch die Ablösung des stellvertretenden Außenministers Sumner Welles durch den Big-business-Vertreter Edward Stettinius jun, im Staatsdepartement einleitete und die man in Amerika ,die öffentliche Beerdigung des New Deal“ oder auch die öffentliche Einschaltung Wall Streets in die Roosevelt-Politik genannt hat.

Wallace ist vielleicht der einzige Mann in Roosevelts unmittelbarer Umgebung gewesen, der die auf ideale Gefühle abzielenden Weltverbesserungspläne, Menschheitsbeglückungsphrasen und sonstige Tarnungsrequisiten der Roosevelt-Politik ernst genommen hat. Wenn jetzt die New York Times erklärt, Truman sei Vizepräsidentschaftskandidat geworden entsprechend der Ablösung des Atlantik-Charta-Traumes durch eine nüchterne Realpolitik, die Amerika im Jahre 1944 brauche, so kommt in dieser Äußerung Roosevelts vollkommene Schwenkung in das Lager des Großkapitalismus klar zum Ausdruck.

Während der Jude Morgenthau auf der sogenannten Internationalen Währungskonferenz in Bretton Woods die Grundlage für die Weltherrschaft der amerikanischen Judenbanken und für das „Jahrhundert der Bankiers und Plutokraten“ schuf und sich dabei in völliger Übereinstimmung mit der offiziellen Politik des Weißen Hauses befindet, konnte die Chicagoer Konvention der Demokraten selbstverständlich nicht Henry Wallace wiederwählen, der immer vom „Jahrhundert des kleinen Mannes“ sprach.

Wallace hatte alles versucht, um sich erneut durchzusetzen. Er mobilisierte eine Reihe von Gewerkschaftsführern, um seine Wiederwahl zu erzwingen. Das gelang jedoch nicht, da die gesamten konservativen Demokraten der Südstaaten sich im offenen Aufruhr gegen ihre Parteimaschine befanden, ja sogar mit der Gründung einer neuen Partei drohten. Es bestand die Gefahr, daß die Demokraten mit zersplitterten Kräften zum Wahlkampf antreten müßten. So kam es zur Aufstellung Trumans, der Leiter des Kontrollausschusses des Senats ist und aus seiner Gegnerschaft gegen die New-Deal-Pläne niemals ein Hehl gemacht hat. Dieses Manöver hatte für Roosevelt den Vorteil, einen Mann ganz in nahe Hörigkeit zu bringen, der genauestens über seine oftmals als verschwenderisch, gefährlich und inflationsfördernd kritisierte Finanzpolitik im Bilde ist; Truman leitete nämlich bisher die Kontrolle des Senats über die astronomischen Staatsausgaben Roosevelts und gehört so zu den ganz wenigen Männern, die durch ihre genaue Kenntnis von den groben Verwaltungsfehlern Roosevelts den Schlüssel zu seiner politischen Erledigung in Händen hätten. Es erschien darum Roosevelt geratener, diesen gefährlichen Aufpasser zu neutralisieren und zugleich mit ihm die Parteidissidenz in den Südstaaten einzufangen. Dazu mußte natürlich Wallace und mit ihm das „idealistische Plakat“ der gesamten demokratischen Propaganda über Bord gehen.