Völkischer Beobachter (September 26, 1944)
Der Antisemitismus in den USA
Genf, 25. September –
Der Antisemitismus zeigt den untrüglichen Stand der öffentlichen Meinung an, heißt es in einem Sonderbericht der linksradikalen Tribune über die Judenfeindlichkeit in den USA. In fast allen alliierten Ländern habe seit Kriegsausbruch die Ablehnung der Juden zugenommen, aber nirgendwo so alarmierend wie in den Vereinigten Staaten.
„Ich kann es Ihnen nicht so erklären,“ sagte ein amerikanischer Journalist aus dem Mittelwesten dem Korrespondenten, „warum das so ist, noch vor zehn Jahren machten wir keinen Unterschied zwischen uns und den Juden. Wir gehörten den gleichen Klubs an, besuchten gemeinsam Versammlungen usw. Heute wäre das unmöglich. Die Trennung zwischen uns und den Juden ist vollkommen. Nach der Zeitung Protestant habe Ende vergangenen Jahres eine geheime Umfrage über den Antisemitismus stattgefunden mit dem Ergebnis, daß über 80 Prozent der Befragten judenfeindlich eingestellt und fast 25 Prozent bereit gewesen seien, einer antijüdischen Bewegung beizutreten. Während einer Unterhaltung mit dem Herausgeber einer bekannten jüdischen US-Zeitung sei dem Korrespondenten gesagt worden, eine organisierte antisemitische Propaganda von fünf Jahren würde genügen, um den Juden in Amerika zum Verhängnis zu werden.
In mehreren Großstädten sei es bereits zu judenfeindlichen Zwischenfällen gekommen. Das Herlands-Komitee zur Untersuchung der Neuyorker Vorfälle beschuldige die Polizei, sich dabei gleichgültig, wenn nicht gar parteiisch verhalten zu haben. Die zahlreichen Ausschreitungen zeigten eindeutig, daß die Judenfeindlichkeit immer größere Kreise ziehe.