Die Leistungen unserer ‚Condore‘ –
Siziliengeleit im Atlantik zerschlagen
Von Kriegsberichter Oskar Peter Brandt
dnb. pk. …, 29. Juli –
Sizilien braucht Nachschub! Sizilien braucht englisch-amerikanischen Schiffsraum! Täglich, ja stündlich steigen die Versenkungsziffern. Hervorragend ist der Anteil der deutschen Luftwaffe an diesem Aderlaß der feindlichen Tonnage. Wie in den Gewässern vor Sizilien und vor der afrikanischen Küste wird der Kampf auf dem Atlantik geführt.
Hier, am Atlantik, liegen die „Condore.“ Tag für Tag und Nacht für Nacht wird geflogen. Bis weit auf den Atlantik hinaus wird jeder Streifen systematisch abgesucht. Kein Geleit wird unentdeckt und unbehindert den so dringend benötigten Nachschub nach Sizilien bringen können.
Die Erfolgserie, die wir in diesen Tagen haben, begann mit der im Wehrmachtbericht gemeldeten Versenkung von 20.000 BRT. großen Fahrgastschiffes durch Oberleutnant P. R. An dem gleichen Tag versenkte Oberleutnant Sch. durch Volltreffer am Vorschiff einen 15.000-BRT.-Dampfer.
Ein neues Geleit wird ausgemacht
Nun sind sie wieder unterwegs. Nach einem heftigen Gewitter, bei dem der durch die Hitze fast völlig ausgedörrte Boden sich gierig vollsog, erfolgte der Start. Draußen auf dem Atlantik war es wieder klar und wolkenlos. Wie blankgefegt war die Wasserfläche. Einförmig gingen die Stunden dahin. Wasser, Wasser, sehr viel Wasser… Die „Condore“ zogen auseinander, jedes Flugzeug übernahm den ihm befohlenen Abschnitt.
Oberleutnant G. R. war der erste, der das mit Südkurs fahrende Geleit entdeckte. Bei der klaren Sicht waren die Schiffe wunderbar auszumachen. Unter dem Gros der kleineren 4000 bis 5000 BRT.-Frachter fuhren verschiedene größere Pötte. Vier Korvetten und ein Kreuzer waren ihnen als Schutz beigegeben. Vorn, hinten und an den Seiten sicherten sie ständig nach allen Richtungen. Den Stunden ermüdenden Suchens über dem leeren Wasserspiegel folgten nun solche höchste Anspannung und Konzentration. Der Funker setzte seine Meldung ab, holte auf drahtlosem Wege die auf anderem Kurs fliegenden Kameraden herbei. In einem großen Bogen umflog der Oberleutnant das Geleit, machte genau Anzahl und Größe der Schiffe und der Bewacher aus. Der Kreuzer lief auf vollen Touren; er ließ das deutsche Fernkampfflugzeug nicht aus den Augen und umfuhr wütend schießend seine ihm anvertraute kostbare Fracht. Die leichte, mittlere und schwere Flak legte einen ganzen Teppich in die Luft, schwarze und weiße Wölkchen bezeichneten den Flugweg des „Condors.“
Der Bombenschütze war lange in die Wanne geklettert. Ruhig und sicher kamen die Befehle. Der Flugzeugführer flog geraden Kurs. Nur äußerste Konzentration, die Anspannung aller Kräfte konnte zu dem gewünschten Erfolg führen.
Inzwischen hatten die anderen Flugzeuge zu dem Geleit gefunden. Die Tommies und Amerikaner dort unten sollten nicht zur Ruhe kommen. Nur Minuten später war Oberleutnant F. am Ziel. Sein Angriff auf einen mindestens 8000 BRT. großen Frachter war von vollem Erfolg, die ganze Bombenladung traf das vollbeladene Schiff. Unter der Gewalt der Explosion wurde der Frachter hin und her geworfen. Sofort ging einer der Bewacher längsseits, um die in die Rettungsboote gehenden Mannschaften aufzunehmen. Das Heck lag bereits unter dem Wasser. Fünf Minuten später schon ging der Bug senkrecht in die Höhe, und über das Heck sank der Frachter in die Tiefe. 20 Minuten nach dem Bomben Volltreffer war sein Schicksal besiegelt.
Oberleutnant H. setzte seinen Angriff auf einen 5.000 bis 6.000 BRT. großen Frachter an. Seine Bomben trafen mittschiffs. Beim Abflug stand ein Rauchpilz über dem Schiff, das bis zum Verlassen in eine dunkle Rauchwolke gehüllt war. Es hatte eine Kesselexplosion erlitten. Damit waren bei dem ersten Angriff der „Condore,“ wie der Wehrmachtbericht vom 27. Juli bereits meldete, ein vollbeladener 8000-BRT.-Frachter auf den Grund des Meeres geschickt und ein Frachtschiff größerer Tonnage schwer beschädigt worden.
Die Besatzungen sind zurückgekehrt. Soeben hat ihnen der Stellvertretende Kommandeur, Ritterkreuzträger Hauptmann Mayr, Anerkennung und Glückwunsch aussprechen können. Freudig erregt ist die Stimmung. Das war wieder einmal ein erfolgreicher Flug! Wie schon so oft und das letzte Mal erst vor wenigen Tagen werden die Kameraden bei der Fernaufklärung feststellen, inwieweit sich die Erfolge noch erhöhen. Der schwer angeschlagene große Frachter wird nicht nach Hause kommen. Und die Ablösung ist schon zur Stelle. Lange, bevor das erste Frühlicht den heraufkommenden Morgen anzeigt, sind sie schon wieder unterwegs. Wiederum dem Geleit entgegen. Jetzt, nachdem nach einem nebligen Morgen wieder strahlende Sonne über dem Horst liegt, die Hitze wahrhaft über dem Feldflughafen brütet, kehren sie von erfolgreichem Einsatz zurück.
Wieder 17.000 BRT. Ausgeschaltet
Das englische Geleit hatte keine Ruhe. Hart, zäh, eisern und verbissen wurde es von den deutschen Fernkampfbombern auch am heutigen Tag verfolgt, gestellt. Und wiederum konnten neue Erfolge gemeldet werden. Oberleutnant S. setzte in einem schneidigen Anflug seine Bomben mitten auf einen Sechstausender. Kurze Zeit später schon wurde dieses Handelsschiff gestoppt hinter dem Geleitzug liegend gesichtet. Drei große Stichflammen und Rauchwolken wurden im Vorschiff beobachtet. Die Besatzung des tödlich getroffenen Handelsschiffes war in drei große Boote gegangen und überließ ihren Frachter, der dann absank, seinem Schicksal. Ebenfalls ein Sechstausender war es, den Leutnant G. versenkte. Hier trafen die Bomben auf Backbord- und Steuerbordwand. Eine lange weiße Rauchwolke umzog den Frachter, der zusehends an Fahrt verlor und dann gestoppt liegen blieb. Nur wenige Minuten später brach er auseinander und versank in den Fluten des Atlantiks. Dann erwischte Leutnant St. einen Fünftausender, der schwer auf dem Achterschiff getroffen wurde. Mit Schlagseite blieb der Frachter gestoppt liegen, in seinem Kielwasser wurden große ölige Flecke beobachtet. Zwei weitere große Frachter waren beschädigt. Ein später zurückkehrendes Flugzeug ergänzte diese Feststellungen.
Damit wurden aus diesem für Sizilien bestimmten Nachschub innerhalb von weniger als 24 Stunden allein durch deutsche Luftstreitkräfte in den Gewässern des Atlantiks etwa 40.000 BRT. herausgeholt, die entweder auf den Grund des Meeres geschickt wurden oder so schwere Beschädigungen erlitten, daß sie nicht mehr eingesetzt werden können.