America at war! (1941--) -- Part 2

Bittere Medizin gegen voreilige Begeisterung –
Europa ist nicht Afrika!

Von unserer Stockholmer Schriftleitung

dr. th. b. Stockholm, 13. Mai –
Dem flüchtigen Rausch besinnungsloser Begeisterung über den Erfolg in Tunesien ist – jedenfalls in London und man darf annehmen in Washington nicht minder – sehr bald die Ernüchterung gefolgt. Die englische Presse, vor allem ihre Kriegsberichterstatter, wenn man diesen Namen überhaupt auf sie anwenden kann, hatten die englische Öffentlichkeit geradezu betrunken gemacht. Gegen diese Trunkenheit haben jetzt die amtlichen Stellen die bittere Medizin mit der Aufschrift „Keine Verwechslung zwischen Afrika und Europa“ verabreicht.

So unterstreicht man plötzlich mit Nachdruck:

Die Aufgabe einer Landung in Europa und der Besiegung der Deutschen auf dem eigenen Boden der Achse ist eine ganz andere und wegen ihrer großen Schwierigkeiten überhaupt nicht mit dem Feldzug in Afrika zu vergleichen.

Die Achse könne ihre zentrale Lage ausnützen und verfüge über die besten Verkehrsverbindungen. Zu den Warnern gehört, was in bezug auf die intimen Verbindungen zu Moskau bemerkenswert ist, der kommunistische Daily Worker, der den Engländern Vorhalten zu müssen glaubt, daß nur 2 Prozent sämtlicher deutscher Divisionen betroffen worden seien. Der alte Vorwurf der Sowjets den Briten und Amerikanern gegenüber, sie bänden nicht genügend gegnerische Kräfte, wird also vom Organ Moskaus in London wiederholt. Dieser Vorwurf wirft überhaupt ein Schlaglicht auf die noch immer nicht völlig geklärten Beziehungen zwischen den Plutokratien und den Bolschewisten, die Trübung dieser Beziehungen, bei der der noch immer nicht beigelegte Streit zwischen den polnischen Emigranten und Moskau eine nur untergeordnete Rolle spielt, hat, wie Dagens Nyheter aus London meldet, in politischen Kreisen der britischen Hauptstadt zu der Vermutung geführt, daß Lord Beaverbrook, der ja einer der Hauptsprecher für die Auslieferung Europas an die Bolschewisten ist, nach Moskau geschickt werden soll, um eine Zusammenkunft Churchills mit Stalin vorzubereiten.

Eher liegt die Vermutung nahe, daß man auf englischer Seite den Wunsch hat, Roosevelts Sonderbotschafter Davies, der mit einer Geheimbotschaft auf dem Weg nach Moskau ist, nicht unbeaufsichtigt zu lassen. Eine Zusammenkunft zwischen Roosevelt und Stalin hält man vorderhand für undurchführbar, da Stalin Moskau oder jedenfalls sowjetrussisches Gebiet nicht verläßt und Roosevelt sich eine Reise nach Moskau wegen der innerpolitischen Schwierigkeiten in den USA. nicht leisten kann. Von Churchill dagegen wird erklärt, daß er auch „bis an das Ende der Welt“ reisen werde, nur um eine Zusammenkunft mit Stalin zu ermöglichen. Man sieht, zu welcher Rolle der Premierminister des einstigen Weltreiches herabgesunken ist.

Aber noch aus anderen Gründen bereiten die Beziehungen zu den Sowjets Kummer. Dieser Kummer steht wiederum in engstem Zusammenhang mit den Sorgen, die der Schiffsraummangel bereitet. In London drückt man sich hierüber nur vorsichtig aus, weist aber darauf hin, daß der Leiter des amerikanischen Pacht- und Leihausschusses, Harriman, und der britische Transportminister Lord Leathers erneut Zusammentreffen mußten,

…um die große Rolle zu prüfen, die das Schiffsraumproblem bei Offensiven und bei der Lieferung von Kriegsmaterial an die verschiedenen Kriegsschauplätze spielt.

Von sowjetischer Seite seien erhöhte Lieferungen gefordert worden. Auch habe Moskau ausdrücklich betont, daß möglichst alle Lieferungen dem europäischen Kriegsschauplatz Vorbehalten sein sollten. Moskau hat also gerade das gefordert, was den Amerikanern zur Zeit die größte Verlegenheit bereitet: die Vernachlässigung des pazifischen Kriegsschauplatzes zugunsten von Unternehmungen, deren Ausgang völlig in Frage gestellt ist.