Völkischer Beobachter (October 18, 1942)
Neue japanische Offensive im Pazifik –
Entscheidungsschlacht um Guadalcanar
Von unserer Stockholmer Schriftleitung
Stockholm, 17. Oktober –
Alle Anzeichen deuten darauf hin, daß die Japaner elne neue große Offensive im Stillen Ozean eingeleitet haben, die – wie englische und amerikanische Beobachter schreiben – von entscheidendster Bedeutung für die weitere Kampfentwicklung in diesem Gebiet ist.
Nachdem das amerikanische Marineministerium die letzten Tage hindurch nur sehr spärliche Nachrichten über die Lage auf der Insel Guadalcanar und im Umkreis der Salomoninseln herausgegeben hat‚ veröffentlichte es am Freitag einen ersten ausführlicheren Bericht, aus dem hervorgeht, daß:
…große Mengen feindlichen Truppenmaterials auf der Insel Guadalcanar gelandet wurden, und daß die amerikanischen Stellungen unter dem Feuer der auf der Insel befindlichen japanischen Artillerie liegen.
Weitere starke japanischer Flottenstreitkräfte seien auf dem Weg zu den Salomoninseln und noch etwa 600 Kilometer von Guadalcanar entfernt.
Aus einer amerikanischen Meldung aus Washington geht klar hervor, mit Welcher Unruhe man nicht nur in der amerikanischen Öffentlichkeit, sondern auch in Militärkreisen die Entwicklung der Kämpfe verfolgt. Man sei sich durchaus im klaren darüber, so heißt es darin, daß die USA. hier ihren bisher größten und wichtigsten Einsatz zu Lande zu leisten hätten und daß die amerikanischen Streitkräfte einem gewaltigen Druck starker und zahlreicher japanischer Truppen ausgesetzt seien. Washington sei, so wie die Dinge lägen, nicht bereit‚ irgend welche Versprechungen über den Ausgang der Kämpfe abzugeben und vermeide verfrühten Optimismus. Immerhin aber ist es der amerikanischen Offentlichkeit ein kleiner Trost, daß sich der BefehIshaber für die amerikanischen Flottenstreitkräfte im Stillen Ozean‚ Admiral Nimitz, und der Befehlshaber für die Luftstreitkräfte‚ Admiral MacCain, zu rosigen Voraussagen bereitgefunden und voller Bestimmtheit erklärt haben. daß die amerikanischen Marinetruppen auf jeden Fall ihre Stellungen auf den Salomoninseln halten werden. Admiral Nimitz wurde durch die Ereignisse aber schon mehrfach Lügen gestraft.
Auch in London findet die Einleitung der neuen japanischen Offensive große Beachtung. Nachdem man wochenlang nur zu gern den prahlerischen Erklärungen MacArthurs und seiner Sprecher geglaubt hatte, daß die Initiative des Stillen Ozeans in den Händen der Alliierten läge, stellt man nun aufgeschreckt fest, daß die Japaner gar nicht daran denken. sich die Initiative nehmen zu lassen und daß sie mit ungebrochener Kraft, zahlreichen neuen Streitkräften und glänzend ausgerüsteten Truppen den Kampf um die Beherrschung der Salomoninseln aufgenommen haben.
Nach der Meinung vieler Londoner Sachverständigen so schreibt der Londoner Berichterstatter der Dagens Nyheter, wird der Ausgang der Schlacht darüber entscheiden, ob die Japaner so zur Defensive gezwungen werden können, daß die Amerikaner in der Lage sind, eine Offensive von dem australischen Hauptstützpunkt aus in die Wege zu leiten. Eine endgültige amerikanische Kontrolle über den wichtigen Flugstützpunkt Guadalcanar würde bedeuten, daß alle japanischen Angriffe westlich der Linie Salomoninseln-Neukaledonien-Neuseeland aufgehalten werden könnten. Damit wäre die wichtige alliierte Transportlinie Amerika-Australien gesichert und:
…eine Offensive gegen die Stellungen der Japaner nur noch eine Zeitfrage.
Noch aber ist der Kampf um Guadalcanar in einem vorbereitendet. Stadium‚ und im Gegensatz zu den eben zitierten Wunschträumen mancher Kreise beschäftigt man sich, wie Dagens Nyheter ebenfalls aus London berichtet, vor allem mit der Frage‚ ob es den Amerikanern möglich sein werde, den Flugplatz der Insel‚ der zugleich der wichtigste Luftstützpunkt der Salomoninseln ist, zu halten, und ob es ihnen gelingen werde‚ weitere Streitkräfte an Land zu bringen. Zunächst gehe der Kampf darum, wer von den beiden Gegnern als erster größere Verstärkungen heranholen könnte.