Völkischer Beobachter (May 22, 1944)
Eine wohlverdiente Unterstützung –
Die Bolschewisten stimmen für Roosevelt
vb. Wien, 21. Mai –
Aus Washington meldet das Reuters-Büro, die Generalversammlung der nordamerikanischen kommunistischen Partei habe zum erstenmal in der Geschichte dieser Partei beschlossen, keinen eigenen Präsidentschaftskandidaten aufzustellen. Earl Browder, der Sekretär der Partei, erklärt in diesem Zusammenhang, daß die amerikanischen Kommunisten sich für die Wiederwahl Roosevelts einsetzen würden, denn ein Abgang Roosevelts würde ein Unglück für das Land sein.
Selten hat ein Präsidentschaftskandidat soviel dafür getan, sich die Unterstützung einer anderen Partei zu sichern, wie es bei Herrn Präsidenten Roosevelt und bei den amerikanischen Kommunisten der Fall ist. Außer dem britischen Premierminister hat Stalin niemandem so viel zu verdanken wie dem gegenwärtigen Präsidenten der Vereinigten Staaten. Dank der mächtigen Hilfe Nordamerikas herrscht der Bolschewismus heute bereits in Nordafrika, dringt er immer weiter in Süditalien vor, ist ihm gerade noch Nordnorwegen und Kiel angeboten worden, soll ihm für die Zeit nach dem Kriege Polen, das Baltikum, der Balkan, die Tschechei und schließlich ganz Mittel- und Westeuropa gehören. Es ist nur in Ordnung, wenn Stalin für so viel selbstlose Hilfe auch einmal einen Gegendienst leistet. Das Bündnis zwischen britisch-amerikanischem Kapitalismus und östlichem Bolschewismus findet durch die Empfehlung der kommunistischen Partei Nordamerikas an ihre Mitglieder und Wähler eine neue Steigerung.
Dieses Bündnis hat in der gleichen Sitzung der Partei noch eine höchst aufschlußreiche Deutung erfahren. Nach seiner Mitteilung über die Haltung der Partei in der Frage der Präsidentenwahl erklärt Browder weiter, auch die Kommunisten müßten die Einigkeit in den Vereinigten Staaten fördern. Man müsse die Politik von Moskau und Teheran beschützen. Deshalb dürften die Kommunisten nicht die Frage des Sozialismus in einer Form auswerten, die die nationale Einigkeit gefährden könnte. Er sagte: „Wenn irgendjemand das bestehende kapitalistische System in den Vereinigten Staaten als freies Unternehmertum zu bezeichnen wünscht, so haben wir nichts dagegen.“ Nach einigen wohlwollenden Bemerkungen für die breiteren Schichten der Bevölkerung fügt Browder hinzu: „Wir erklären in aller Offenheit, daß wir bereit sind, unsere Mitarbeit zu gewähren“ – und schließlich gab Browder noch den entscheidenden Satz:
Wir ziehen im Wahljahre 1944 keine politische Trennungslinie hinsichtlich irgendwelcher Form oder Fragen des freien Unternehmertums.
Man kann nicht deutlicher ausdrücken, wie sehr sich die Börsengrößen der Wall Street und die Machthaber des Kreml geeinigt haben, um in der ganzen Welt ihr Spiel mit verteilten Rollen zu spielen. Man kann aber auch nicht deutlicher den Völkern die Lehre erteilen, daß es nicht genügt, eine dieser beiden Mächte zu zerschlagen, sondern daß man sie beide treffen muß, wenn man die Welt wirklich befreien will.