Völkischer Beobachter (January 29, 1943)
Englands Besorgnisse dauern an –
U-Boot-Gefahr überdeckt das Casablanca-Theater
vb. Wien, 28. Jänner –
Bemerkenswert ist die Reuter-Meldung, daß „die britische Presse am Donnerstag ihre Leitartikel der die anglo-amerikanischen Kriegsanstrengungen bedrohenden U-Boot-Gefahr widmet.“ Das Thema von Casablanca wird also überdeckt durch die deutschen U-Boote, über die bekanntlich das Kommuniqué von Casablanca sich ausschweigt. Daß dazu die jüngste deutsche Sondermeldung über die versenkten 103.000 BRT. wesentlich beigetragen hat, liegt auf der Hand.
Der Evening Standard knüpft an die „Initiative“ an, von der, wie das Blatt meint, gerade jetzt auf englisch-amerikanischer Seite so viel gesprochen werde. In einem Krieg wie dem gegenwärtigen, halte diejenige Partei die Initiative fest in der Hand, die über neuartige Waffen verfüge. Hier lägen die Deutschen weit in Führung, denn gegen die U-Boote, die sie neuerdings erfunden hätten, besäßen die Anglo-Amerikaner noch kein Mittel. Gleichzeitig befänden sich Flottenstützpunkte in Händen Deutschlands, von denen aus sie ihre U-Boot-Angriffe mit sehr großem Erfolg auf die britisch-amerikanische Versorgungsschiffahrt unternähmen. Die Erfolge aber, die der Gegner im Seekrieg erziele, seien entscheidend. Das dürfe man nicht übersehen, zumal eine Blockade des europäischen Festlandes Sich inzwischen als illusorisch herausgestellt habe.
Auch der Manchester Guardian spricht ebenso wie die Daily Mail von der anhaltenden Besorgnis, daß man nichts von neuen gemeinschaftlichen Maßnahmen gegen die U-Boote gehört habe. In der Öffentlichkeit würde man es bedeutend mehr begrüßt haben, wenn man von Casablanca aus einer feste Zusicherung über die U-Boot-Bekämpfung erhalten hätte.
„Die Front auf den Heeren“
Der Kampf auf den Meeren rückt auch in den neutralen Ländern wiederum stark in den Vordergrund. So schreibt unter dem Titel „Die dritte Front“ Yunus Nadi in der Istanbuler „Republique,“ daß man neben den Ereignissen an der Ostfront und in Nordafrika die seit Beginn dieses neuen Weltkrieges existierende Front auf den Meeren vergesse. Es sei unzweifelhaft, daß unter den großen Problemen, die zwischen Churchill und Roosevelt besprochen wurden, eines der wichtigsten die Gefahr sei, die die Achse auf den Meeren darstelle. Amerika gebe selbst zu, daß die USA. und England einen monatlichen Schiffsraumverlust von einer Million Bruttoregistertonnen erlitten.
Alle Welt und in erster Linie Deutschland und England wüßten, daß der deutsche U-Boot-Krieg im vergangenen Weltkrieg die Gegner fast auf die Knie gezwungen hätte. Nun aber sei es klar, daß Deutschlands Lage diesmal viel günstiger sei als im vorigen Weltkrieg. Die U-Boote würden heute von der Luftwaffe unterstützt. An Deutschlands Seite kämpften die Seemächte Italien und Japan, und Deutschland stände heute die europäische Küste- von Narvik bis Spanien und zum Mittelmeer zur Verfügung. Amerika und England hätten Tausende von Seemeilen bis zu den Schlachtfeldern zurückzulegen, und ein versprengter oder zur Hälfte versenkter Geleitzug sei wie eine. verlorene Schlacht. Nicht nur der versenkte Schiffsraum fehle, sondern noch viel mehr die kostbare Ladung. Hinzu komme der Verlust an hochqualifizierten Seeleuten, die eine längere Ausbildung benötigten als Flieger.
Yunus Nadi stellt abschließend fest, daß die anglo-amerikanischen Anstrengungen nicht genügten, um den zunehmenden Möglichkeiten des Angriffs der Achsen-U-Boote mit Erfolg zu begegnen.
Französisch-Nordafrika spürt Roosevelts „Hand“
dnb. Algeciras, 28. Jänner –
Die wirtschaftliche Lage in Französisch-Marokko hat sich in der letzten Zeit erheblich verschlechtert. Bei ihrer Landung in Französisch-Marokko haben weder die Nordamerikaner noch die englischen Truppen Lebensmittel in größeren Ausmaßen mit Sich geführt. Sie waren daher vom ersten Tag auf Requisition angewiesen. Die Getreidevorräte, die sich in der Nähe der Stadt befanden, und die Lager von Trockengemüse und Trockenkonserven wurden sofort nach der Landung beschlagnahmt. Darüber hinaus haben die Nordamerikaner sogleich mit weiteren Requisitionen begonnen, um Lebensmittelvorräte anzulegen. Diese Requisitionen sind sehr bedeutend und entsprechen ungefähr dem Doppelten der gesamten jährlichen Lebensmittelausfuhr Marokkos nach Frankreich. Zu diesen Beschlagnahmungen kam noch ein besonders von den Engländern stark forcierter Aufkauf von Gemüsen, Wein, Tabak, Südfrüchten und getrockneten Früchten.
Durch die britisch-nordamerikanische Besetzung ist bei den Eingeborenen ein erheblicher Mangel an Lebensmitteln entstanden. Die Versorgung aus Überschußgebieten ist dadurch unmöglich geworden, da Benzin nur für militärische Fahrzeuge abgegeben wird und für den zivilen Transport nicht mehr zur Verfügung steht. Wenn auch die Städte und die landwirtschaftlich schwächeren Gebiete noch nicht von einer Hungersnot unmittelbar bedroht sind, so ergeben sich doch bereits sehr empfindliche Störungen im wirtschaftlichen Verkehr.
Ein Dorf wird ausgerottet
Im Dorf Balta bei Souk el Kamis in Französisch-Nordafrika erschien am 16. Jänner ein nordamerikanischer Offizier mit sieben Mann, um unter den dort lebenden Arabern eine Zwangsrekrutierung durchzuführen. Die Araber leisteten gegen die von den Nordamerikanern beabsichtigte Pressung zum Heeresdienst Widerstand. Der nordamerikanische Offizier erteilte hierauf den Befehl zur Eröffnung des Feuers gegen die Eingeborenen, wobei 14 Araber erschossen wurden, über die Hinschlachtung der 14 Araber empört, sammelte sich eine große Anzahl von Arabern aus der Gegend, überwältigten die nordamerikanischen Soldaten und töteten sie. Auf Befehl des nordamerikanischen Kommandanten wurde hierauf gegen das Dorf Balta eine Strafexpedition durchgeführt, bei der Männer, Frauen und Kinder von den Nordamerikanern erschossen wurden.